Rosenzüchter und Orchideenfreunde lieben sie: Frische Pferdeäpfel sind ihrer vielen Nährstoffe wegen bei Hobbygärtnern als Dünger sehr begehrt. Für Reiterhöfe dagegen ist der Pferdemist eine Last. Im wahrsten Sinn des Wortes, denn jedes Tier hinterlässt davon täglich bis zu 50 Kilogramm. Etwa eine Million Pferde leben in Deutschland. Zusammen produzieren sie im Jahr 10 bis 15 Millionen Tonnen Mist.
Wohin damit? Ein Teil wird zu Dünger verarbeitet, der Rest in Müllverbrennungsanlagen entsorgt. Doch das ist Verschwendung, meint Hans Oechsner von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie an der Universität Hohenheim. "Mit der Verwendung als Dünger geht der energetische Wert des Materials verloren", sagt der Wissenschaftler.
Viel sinnvoller sei es, mit dem Pferdemist Biogas zu erzeugen - so wie mit Schweine- und Rindergülle oder Hühnerkot, die schon seit langem als Rohstoff in Biogasanlagen eingesetzt werden.
Oechsner hat ausgerechnet, dass sich mit dem Mist eines einzigen Pferdes genug Biogas erzeugen ließe, um damit Strom für einen Drei-Personen-Haushalt zu produzieren. Dazu kommt noch die Wärme, die bei der Stromerzeugung anfällt. "Würde der gesamte Pferdemist in Deutschland verwertet, könnten damit eine Million Haushalte mit Strom versorgt werden", sagt der Wissenschaftler.
In der Praxis ist die Vergärung von Pferdemist in Biogasanlagen bislang allerdings sehr schwierig. Denn das Material besteht etwa zur Hälfte aus Stroh. Es stammt aus dem Futter der Tiere oder wird als Einstreu in den Ställen zusammen mit dem Pferdekot entsorgt. Wegen des hohen Anteils an holzigem Lignin können die Mikroorganismen in der Biogasanlage das Stroh kaum vergären.
Zudem setzt es sich im Gärbehälter der Biogasanlage an der Oberfläche ab und bildet so eine Art Deckel über der Biomasse. In der Folge kann das Biogas nicht mehr nach oben in die Kuppel der Anlage aufsteigen. Die Rührwerke, die solche Sperrschichten auflösen sollen, sind mit den langen und robusten Strohhalmen meist überfordert.
Ein Forscherteam um Hans Oechsner hat deshalb in einer Pilotanlage der Universität Hohenheim ein Verfahren entwickelt, mit dem sich das Stroh zerkleinern lässt, bevor der Pferdemist in den Gärbehälter kommt. Dabei nutzen die Wissenschaftler eine Technologie, mit der Recyclingbetriebe Elektrogeräte, Sperrmüll und anderen Schrott bearbeiten, die sogenannte Querstromzerspanung.
Das Material wird in einen Zylinder gefüllt und dort von Ketten traktiert, die mit 1200 Umdrehungen pro Minute um eine vertikale Achse rotieren. "Das funktioniert ähnlich wie in einem Küchenmixer", sagt Oechsner. Durch die mechanische Behandlung wird das Stroh so weit zerkleinert, dass das Rührwerk im Gärbehälter die Sperrschicht auflösen kann. Zudem brechen die Schläge der Ketten das Lignin auf - die Mikroorganismen bekommen das Material quasi mundgerecht serviert.
Ob sich der Einsatz von Pferdemist in der Biogasanlage für deren Betreiber rentiert, hängt vor allem von den Kosten für den Transport des Materials ab. Mehr als zwanzig Kilometer sollten Reiterhof und Biogasanlage nicht auseinander liegen, sagt Oechsner. Angesichts der etwa 7500 Biogasanlagen, die in Deutschland in Betrieb sind, ist diese Bedingung vielerorts jedoch erfüllt. Den Mist selbst dürften die Anlagenbetreiber wohl umsonst bekommen - die Pferdehalter dürften glücklich sein, wenn sie dafür einen Abnehmer finden. Bislang müssen sie für die Entsorgung mehrere hundert Millionen Euro im Jahr bezahlen.
Kein Wunder also, dass sich die Pferdehalter über eine Alternative zur Verwendung des Materials freuen. "Wir begrüßen es sehr, wenn Pferdemist in Biogasanlagen eingesetzt wird", sagt Gerlinde Hoffmann, Umweltreferentin der Deutschen Reiterlichen Vereinigung. Das sei auch aus ökologischer Sicht sinnvoll. Hoffmann verweist auf den Anbau von Mais für Biogasanlagen: "Naturschutz- und Jagdverbände schlagen wegen der Vermaisung der Landschaft und dem damit einhergehenden Rückgang der Artenvielfalt längst Alarm.
Da bietet es sich doch an, mit dem Pferdemist in Biogasanlagen einen Stoff einzusetzen, der ohnehin anfällt." Zwar enthält das Material nur 60 Prozent der Energie, die in Mais steckt. Doch das würde nach Berechnungen der Universität Hohenheim bei einer Vergärung des gesamten anfallenden Pferdemists immer noch ausreichen, um 80.000 Hektar Mais zu ersetzen.
Wenn aus Pferdeäpfeln künftig Biogas wird, müssen die Hobbygärtner übrigens nicht um das Gedeihen ihrer Pflanzen fürchten. Denn die Reste, die nach der Vergärung in der Biogasanlage übrig bleiben, sind als Dünger ähnlich hochwertig wie frische Pferdeäpfel.