Landwirtschaft:Bienensterben: Neuer Verdacht

Honigproduktion
(Foto: Patrick Pleul/ZB)

Eine bislang als harmlos geltende Agrarchemikalie greift offenbar das Immunsystem der Larven an und macht sie anfällig für Krankheiten.

Von Kathrin Zinkant

Seit mehr als zehn Jahren kämpfen die Völker der Honigbiene weltweit mit einem fatalen Phänomen: Massenhaft sterben die Insekten in ihren Stöcken. Experten gehen davon aus, dass sowohl der Einsatz von Insektiziden in der Landwirtschaft, als auch die Verbreitung von Milben und Viren zum sogenannten Colony Collapse Disorder beitragen. Doch vielleicht ist das noch nicht alles. Wissenschaftler der Pennsylvania State University haben nun gezeigt, dass auch der Hilfsstoff Sylgard 309 einen Beitrag zum Bienensterben leisten könnte (Scientific Reports, online).

Es handelt sich um ein Silikon, das nach Auffassung der US-Umweltbehörden selbst biologisch "inert", ungefährlich für Pflanzen und Tiere ist. Eingesetzt wird der Stoff, um die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln zu verstärken. Dass Stoffe wir Sylgard 309 einen Beitrag zum Bienensterben leisten könnten, vermutete lange Zeit niemand.

Fraziers Team jedoch kam einem Zusammenhang auf die Spur, als die Forscher den Anbau kalifornischer Mandeln untersuchten. Für die Bestäubung der Bäume werden im ersten Quartal jedes Jahres 1,5 Millionen Bienenvölker an die Westküste der USA gekarrt. Zugleich werden die eingesetzten Agrarchemikalien in Kalifornien seit 1990 detailliert registriert, der Verbrauch lässt sich über mehr als 25 Jahre zurückverfolgen.

Eine Analyse dieser Daten zeigte, dass dem Beginn des Colony Collapse Disorder 2006 in Kalifornien ein dramatisch erhöhter Einsatz von Benetzungsmitteln wie Sylgard 309 vorausging. Um zu klären, wie sich der Zusatzstoff auf die Bienen auswirkt, ließen die Entomologen im Labor Larven heranwachsen, die mit kleinsten Mengen des Mittels gefüttert wurden. Einige der Larven bekamen mit ihrem Futter Viren verabreicht. Es handelte sich dabei um Krankheitserreger, die auch natürlicherweise Bienen befallen.

Das vermeintlich harmlose Benetzungsmittel schaltet ein Gen der Immunabwehr aus

Am Ende des Experiments zeigte die Analyse deutlich, dass das Benetzungsmittel den Larven zwar allein noch nicht schadet. Die Viren hatten bei den Sylgard 309-Larven jedoch besonders leichtes Spiel. Nur jede vierte Larve aus dieser Gruppe entwickelte sich normal. Wie die Bienenforscher herausfanden, war bei den belasteten Larven ein wichtiges Gen des Immunsystems ausgeschaltet. Das ist zwar noch kein Beweis dafür, dass vermeintlich harmlose Substanzen wie Sylgard 309 verantwortlich für das Bienensterben sind. Dem aktuellen Hinweis nachzugehen, lohnt sich jedoch allemal.

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