Verhaltensbiologie:Adventsausflug der Bienen

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Bei entsprechenden Temperaturen verlassen Bienen den ganzen Winter über ihren Stock. (Foto: dpa)

Derzeit kann man in einigen Regionen Deutschlands Bienen umherfliegen sehen. Was steckt hinter diesem Phänomen?

Von Berit Uhlmann

Wenn die Temperaturen im Dezember über zehn Grad Celsius ansteigen, sieht man bisweilen ein Phänomen, das so gar nicht in die Weihnachtsstimmung passen will. Bienen summen in der Winterlandschaft umher. In den vergangenen Tagen konnte auch Stefan Berg, Leiter des Instituts für Bienenkunde und Imkerei an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim dieses Verhalten beobachten. Was bedeuten diese Ausflüge? Sind sie besorgniserregend?

"Prinzipiell nicht", sagt Berg. Allerdings ist die Erklärung für das Verhalten der Insekten auch nicht unbedingt geeignet, besinnliche Adventsgefühle zu befördern. Experten nennen das winterliche Verlassen der Stöcke "Reinigungsflüge": Die Bienen entleeren dabei ihre Kotblase.

"Die Reinigungsflüge kommen den ganzen Winter über vor", sagt Stefan Berg. Selbst Schnee hält die Tiere nicht ab, solange die Lufttemperatur ausreichend hoch ist. Das Verhalten ist grundsätzlich sinnvoll. Denn aus hygienischen Gründen scheiden Bienen in aller Regel ihre Exkremente nicht im Stock aus, sondern sammeln sie in der Blase ihres Hinterleibes. Wenn die Insekten mehr als 100 Tage hintereinander keine Möglichkeit zum Reinigungsflug bekommen, können sich Darmprobleme entwickeln, besagt eine Faustregel der Imker. Die Reinigungsflüge beugen dem vor.

Allerdings beobachten Experten, dass die Winterflüge häufiger werden. Das kann dann problematisch werden, wenn gleichzeitig warme Temperaturen die Senffelder blühen lassen. Dann beginnen die Insekten, Futter einzutragen, was wiederum ihr Brutgeschäft anregt. Diese energiezehrenden Aktivitäten aber schwächen die Tiere. Sie brauchen die Ruhe des Winters, um bis zum Frühjahr durchzuhalten.

Die kalte Jahreszeit verbringen die Insekten in der Wintertraube

Die kalte Jahreszeit verbringen die Bienen normalerweise eng aneinandergedrängt in der so genannten Wintertraube. Sie zehren vom Futtervorrat und erzeugen durch Bewegung Wärme. An der Außenseite herrschen Temperaturen von etwa 13 Grad. Dort wechseln sich die Insekten ab; wer zu stark auszukühlen droht, krabbelt nach innen und drängt aufgewärmte Bienen an die äußere Schicht. Es sei denn, das Wetter lockt sie ins Freie. Am Freitag dürfte dies erneut der Fall sein. Der Deutsche Wetterdienst erwartet Temperaturen bis zu 14 Grad, an den Alpen können es bei starkem Föhn sogar 15 bis 18 Grad warm werden.

© SZ vom 20.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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