Besondere Wassersparmaßnahme:Die Zukunft des stillen Örtchens

In vielen Regionen der Erde herrscht Wassermangel. Deshalb sind neue, sparsame Technologien gefragt. Auch für Geschäfte, über die man sonst nicht spricht.

Beate Wild

Immer mehr Menschen müssen sich das Wasser auf unserer Erde teilen. Um das kostbare Gut zu sparen, haben Wissenschaftler neue, ökologische Toiletten-Systeme entwickelt.

Vakuum-Toiletten

Vakuum-Toiletten sind die Technologie der Zukunft. Hier ein altertümliches Wasserklosett im Toilettenmuseum in Neu Delhi (Indien).

(Foto: Foto: Reuters)

Der Gang zum Klo könnte deshalb in Zukunft bald ganz anders aussehen als bisher: Mit einem kurzen, schlürfenden Geräusch und nur ein paar Spritzer Wasser werden die menschlichen Ausscheidungen von einem Vakuum-WC weggesaugt und landen in einem Biogas-Miniklärwerk.

Dort vergären die Fäkalien zu Methan-Gas, das durch einen Verbrennungsprozess später zur Stromerzeugung verwendet wird. Als weitere Restbestände bleiben Stickstoff und Phosphor, die als Düngemittel verwendet werden.

Das Wasser, das übrigbleibt, ist bereits soweit gefiltert und gesäubert, dass es Badewasserqualität hat und ohne Bedenken in jedes Gewässer abgeleitet werden kann.

Siebenmal weniger Wasser

Was wie eine futuristische Vision klingt, ist im baden-württembergischen Knittlingen bereits Realität. In einer Wohnsiedlung testet das Karlsruher Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung seit Ende 2005 die neue Toiletten-Technologie.

"Das Vakuum-WC hat eine Menge Vorteile", sagt Projektleiter Harald Hiessl. Der größte Pluspunkt dürfte wohl die Wasserersparnis sein. Während in einem herkömmlichen Klo noch rund sieben Liter Wasser weggespült werden, braucht die Vakuum-Toilette nur einen Liter Wasser, um die Exkremente aus dem Haus zu befördern.

Die Zukunft des stillen Örtchens

Das Ganze funktioniert mit Sogwirkung. Ähnliche Systeme kennt man aus Flugzeugen, Zügen und Schiffen. "Um den Sog zu erzeugen, braucht man zwei Vakuum-Pumpen, die in einer Abpump-Station stehen und den richtigen Unterdruck erzeugen", erklärt Hiessl.

Neben der Wasserersparnis ist auch die Weiterverwertung der Exkremente ein entscheidendes Novum. Nach korrekter Gärung können sie künstliche Düngemittel ersetzen.

Das übrige Wasser, das noch in die Umwelt geleitet wird, ist um ein Vielfaches sauberer als das Restwasser herkömmlicher Kläranlagen.

"Bei normalen Klärsystemen ist das Restwasser immer noch bakteriell und mit Medikamentenrückständen belastet", sagt Hiessl. Diese Stoffe kontaminieren dann das Grundwasser.

Umsteigen lohnt sich

In Knittlingen wurden bereits 100 Grundstücke mit dieser modernen Vakuum-Technologie ausgestattet. Die ersten 15 Häuser sind schon bezogen. Bislang sind die Erfahrungen gut.

"Die Vakuum-Kanalisation ist auch billiger zu bauen als die herkömmliche, da man nur sehr kleine Rohre braucht und wegen der Sogwirkung auch kein Gefälle notwendig ist", betont Hiessl. Auch die Wartungs- und Betriebskosten sind seinen Einschätzungen zufolge geringer.

Angesichts des maroden Zustands der Kanalsysteme in vielen Kommunen empfiehlt Hiessl diesen, auf die moderne Hightech-Kanalisation umzusteigen: "Wenn die Kosten für Reparaturen der Abwasserkanäle zunehmen, sollte man darüber nachdenken, ob es man noch in das alte System investiert oder ob ein neues nicht sinnvoller wäre."

Lösung für Mega-Citys

Doch nicht nur für Deutschland sind die neuen Abwassersysteme eine Option für die Zukunft.

Gerade in den Mega-Citys der Dritte-Welt-Länder könnte die Vakuum-Technologie der rettende Strohhalm sein. Einer Schätzung der UN zufolge wird die Weltbevölkerung bis 2025 um 1,8 Milliarden Menschen wachsen. Davon sollen 1,7 Milliarden in den Städten der Dritten Welt leben. Ernsthafte Probleme mit der Wasserversorgung und dem Entsorgen der Exkremente sind vorprogrammiert.

Gerade bei den neu zu errichtenden Siedlungen, etwa im stark expandierenden China, kann man von Anfang an auf moderne sanitäre Entsorgung achten. Aber auch das Nachrüsten mit Vakuum-Systemen wäre Hiessl zufolge in den Millionen-Metropolen einfacher und billiger als herkömmliche Kanalisationen.

Die Zukunft des stillen Örtchens

Alternative Lösungen zur alt gedienten Wassertoilette sucht auch die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) mit dem Projekt Ecosan. Seit 2001 arbeitet sie daran, Entwicklungsländer von den Vorteilen ökologischer Sanitärkonzepte zu überzeugen.

"Uns liegt ein Paradigmen-Wechsel in der Abwassergeschichte am Herzen", sagt Projektleiterin Christine Werner. "Über 2,6 Milliarden Menschen weltweit verfügen über keine ausreichenden Sanitärsysteme." Beispielsweise verrichte in Indien jeder Zweite sein Geschäft hinter einem Busch. Das müsse sich ändern.

Bei Ecosan steht neben der Wasserersparnis die Rückführung der Fäkalien in den Stoffkreislauf im Vordergrund. "Übers Jahr gerechnet scheidet ein Mensch etwa 50 Kilogramm Fäkalien und 500 Liter Urin aus", sagt Werner. Damit könnten Berechnungen zufolge rund 40 Prozent des weltweiten Kunstdüngerbedarfs ersetzt werden.

Vom Baumklo bis zur Hightech-Toilette

Die Vakuum-Toilette ist dabei nur eine der Varianten, die Ecosan favorisiert. "Es fängt schon beim einfachen Baumklo an", erklärt Werner. Dieses schlichte Modell findet man vorzugsweise in afrikanischen Ländern. Dort wird einfach ein Latrinenhäuschen über einem Bodenloch aufgestellt. Ist das Loch voll, wird das Häuschen versetzt. Das alte Loch wird mit Erde bedeckt und ein Baum hineingepflanzt.

"Besonders fortschrittlich ist aber die Separationstoilette", zählt Werner weiter auf. Dabei werden Urin und Fäkalien über verschiedene Öffnungen in der Kloschüssel getrennt entsorgt und ohne Gefährdung für die Umwelt der Wiederverwertung zugeführt. Besonders in China hat dieses Modell großen Erfolg. "Dort haben heute schon weit über einer Million Leute eine Separationstoilette", erzählt Werner stolz.

Aber auch die Komposttoilette, eine komplett wasserlose Variante fürs Geschäfteverrichten, wird in China immer häufiger in Wohnblocks eingebaut. Statt einem Spülkasten gibt es ein Behältnis mit Sägemehl, das bei der Entsorgung des Ausgeschiedenen mitwirkt.

Ecosan betreut derzeit Konzepte in Afrika, Indien, Syrien und auf den Philippinen. Das Entwicklungshilfeministerium fördert einige der Projekte. Auch für das deutsche Vakuum-Projekt in Knittlingen schießt der Bund zwei Millionen Euro zu. "Auch in Deutschland und Europa müssen wir umdenken und weg von den Latrinen", sagt Werner. Die Wasserkanalisation sei schließlich schon lange überholt.

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