Besiedlung von Amerika:Eingewandert in drei Wellen

Natürlich war Kolumbus nicht der Entdecker Amerikas - schließlich lebten dort bereits seit Tausenden Jahren Menschen. Lange war jedoch unklar, wie der Kontinent besiedelt wurde. Hinweise darauf gibt nun eine Erbgutanalyse.

Thomas Wagner-Nagy

Nicht Kolumbus hat Amerika entdeckt, sondern Asiaten aus Sibirien. Die First Americans, wie die Amerikaner ihre Ureinwohner nennen, wanderten in der letzten Kaltzeit vor etwa 15.000 Jahren nach Alaska, als die Kontinente noch durch eine Landbrücke verbunden waren.

Indianische Kriegstanzvorführung, 1957

Indianische Kriegstanzvorführung, 1957. Die ersten Menschen wanderten vor etwa 15.000 Jahren von Sibirien nach Amerika. Es folgten zwei weitere bedeutende Einwanderungswellen.

(Foto: SCHERL)

Lange waren sich Wissenschaftler jedoch uneins darüber, wie genau der Kontinent besiedelt wurde.

War es eine einzige Einwanderungswelle oder kamen die Pioniere in mehreren Schritten? Ein Team aus 64 Forschern unter der Leitung von Andres Ruiz Linares vom Londoner University College konnte nun belegen, dass die Ureinwohner Amerikas aus drei wesentlichen Völkerwanderungen hervorgegangen sind. Demnach folgten den First Americans noch zwei weitere bedeutende Völkerwanderungen.

Um diesen auf die Spur zu kommen, analysierten die Forscher das Erbgut amerikanischer und sibirischer Ureinwohner auf Variationen in deren DNA-Sequenz, sogenannte Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs), die bei bestimmten Volksgruppen Ähnlichkeiten aufweisen und so auf Verwandtschaftsbeziehungen schließen lassen. Auf diese Weise konnten sie belegen, dass die Nachzügler nur Einfluss auf arktische Gebiete hatten, schreiben die Forscher im Fachmagazin Nature (online).

Dort vermischten sie sich mit Eskimo-Völkern und dem kanadischen Volk der Chipewyan, die jedoch ihrerseits zu 50 beziehungsweise 90 Prozent genetisch mit den First Americans verwandt sind.

"Den Zeitpunkt der zweiten und dritten Völkerwanderung können wir noch nicht mit Sicherheit bestimmen", sagt Ruiz Linares, "unsere Vermutung, dass diese mindestens 5000 Jahre später stattgefunden haben, gilt es nun in weiteren Untersuchungen zu bestätigen."

Die First Americans breiteten sich entlang der Küsten innerhalb von nur tausend Jahren nahezu linear von Nord nach Süd aus, wobei sich die Populationen unterwegs aufspalteten und besonders in Südamerika genetisch kaum noch vermischten.

Umso mehr erstaunen daher die zwei Ausnahmen, die die Forscher fanden: Das ausgestorbene Volk der Chibcha in Mittelamerika hatte auch Vorfahren aus dem Süden des Kontinents. Die Tschuktschen im Fernen Osten Russlands tragen Erbgut der First Americans.

Beide Fälle belegen also eine Rückwanderung der ersten Ankömmlinge. Um den genetischen Einfluss der europäischen und afrikanischen Einwanderer seit Kolumbus auszuschließen, konzentrierten sich die Forscher auf die Stellen im Erbgut, die eindeutig den amerikanischen Ureinwohnern zuzuordnen sind.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: