Bericht des Weltklimarates:In rasender Fahrt auf den Abgrund zu

Bis Ende des Jahrhunderts steigt die Erdtemperatur um bis zu 5,8 Grad. Die Folgen: Hitzewellen, Dürren, heftige Niederschläge.

Patrick Illinger

Der Bericht des Klimagremiums IPCC, für den mehrere hundert Wissenschaftler aus aller Welt den aktuellen Stand der Klimaforschung zusammentragen, soll Anfang 2007 veröffentlicht werden.

Die derzeitige Fassung des Reports, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ist kürzlich an die beteiligten Regierungen versandt worden, damit diese Änderungsvorschläge einreichen können. Die wesentlichen Aussagen des Entwurfs dürften jedoch dem Abschlussbericht entsprechen.

Demnach ist die Konzentration der das Klima beeinflussenden Gase Kohlendioxid, Methan und Stickoxide in der Atmosphäre heute höher als in den vergangenen 650.000 Jahren. In den vergangenen 100 Jahren stieg der Anteil dieser Moleküle in der Luft stärker an als in den 20.000 Jahren zuvor.

Zwar gab es auch am Ende der letzten Eiszeit vor 17.000 Jahren eine natürliche Zunahme dieser Gase, jedoch war das Tempo deutlich langsamer. Zwischen 1999 und 2004 stieg der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre jährlich um 0,5 Prozent. Im selben Zeitraum wuchs der von Menschen verursachte Kohlenstoff-Ausstoß von 6,5 Milliarden auf 7,2 Milliarden Tonnen pro Jahr an.

Hitze, Dürre, Flut

Die damit verbundene Erwärmung der Atmosphäre hat sich in jüngster Zeit beschleunigt: Die sechs wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen fallen in den Zeitraum von 1998 bis 2005. Erst im vergangenen Jahr erreichte die globale Durchschnittstemperatur einen neuen Rekord.

Insgesamt hat sich die Erdoberfläche zwischen 1901 und 2005 um 0,65 Grad Celsius erwärmt. Dieser Anstieg hat sich in den vergangenen 25 Jahren beschleunigt und betrug zu Ende des 20. Jahrhunderts 0,17 Grad pro Jahrzehnt gegenüber 0,14 Grad in der ersten Hälfte des Jahrhunderts.

Folge ist, dass das arktische Packeis schrumpft. Seit 1978 ist die im Sommer mit Eis bedeckte Fläche des Nordpolarmeers um 7,4 Prozent pro Jahrzehnt zurückgegangen. Die Gletscher an Grönlands Küsten fließen schneller ins Meer als vor wenigen Jahren. In der Antarktis ist ein ähnlicher Trend allerdings nicht erkennbar.

Der Anstieg der Meeresspiegel bewegt sich im Millimeterbereich, doch auch hier verzeichnen Forscher eine beschleunigte Zunahme. Die im April sichtbare Schneedecke der nördlichen Erdhalbkugel hat in den vergangenen 40 Jahren um fünf Prozent abgenommen.

Heftige Stürme, extremer Wellengang

Die Forscher äußern keine Zweifel mehr daran, dass von Menschen verursachte Treibhausgase einen wesentlichen Anteil daran haben, dass extreme Ereignisse häufiger werden: Hitzewellen, Dürren, heftige Niederschläge.

In den mittleren Breitengraden werde es künftig weniger, aber heftigere Stürme geben, die mitunter extremen Wellengang auslösen würden. Die aktuelle Fassung des IPCC-Berichts ist schärfer formuliert als der letzte Report 2001. Die Forscher versichern, dass die Computermodelle, mit denen die Entwicklung simuliert wird, sehr verlässlich seien.

Auch für den Fall, dass es gelänge, den CO2-Ausstoß auf heutigem Niveau zu halten, würde die Temperatur in den kommenden Jahrzehnten steigen. Das Erdsystem reagiert nur träge auf Änderungen der Atmosphärengase. Die IPCC-Experten betonen, dass die Stabilisierung des Treibhauseffekts eine Voraussetzung für die Stabilisierung des Klimas sei.

Abhängig davon, wie sich die Menschheit künftig verhält, rechnen die Forscher, dass sich die Erde bis Ende des Jahrhunderts um 1,5 bis 5,8 Grad Celsius erwärmt; in einzelnen Regionen könnte der Anstieg noch heftiger ausfallen.

Nicht berücksichtigt sind dabei unvorhersehbare Ereignisse wie das Abreißen von Meeresströmungen oder Methanausbrüche aus erwärmten Ozeanen. Zudem könnten bis zu 90 Prozent der heutigen Permafrostböden auftauen und weitere Treibhausgase freisetzen. Solche Effekte können den Klimawandel noch verstärken.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: