Süddeutsche Zeitung

Seltene Erden:Cyanobakterien binden Metalle

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Sie sind weltweit gefragt, ihr Abbau lohnt aber nur an wenigen Orten der Erde. Eine deutsche Studie zeigt, dass Bakterien Metalle der Seltenen Erden binden können. Öffnet sich ein Weg in die Kreislaufwirtschaft?

Mehrere Stämme von Cyanobakterien können Metalle der Seltenen Erden an sich binden. Bei einigen Stämmen machten die adsorbierten Metalle bis zu zehn Prozent der Trockenmasse der Mikroorganismen aus, berichtet ein deutsches Forschungsteam um Thomas Brück von der Technischen Universität München im Fachmagazin Frontiers in Bioengineering and Biotechnology. Die Entdeckung könnte ein biotechnologisches Recyclingverfahren für Seltene Erden ermöglichen.

Mobiltelefone, Kameras, Elektromotoren, Windräder und Leuchtmittel - das sind nur einige jener Produkte, für die Metalle der Seltenen Erden gebraucht werden. Diese 17 Metalle haben außergewöhnliche elektromagnetische, katalytische und optische Eigenschaften. Allerdings gibt es weltweit nur wenige Lagerstätten, an denen sich der Abbau der Seltenen Erden wirtschaftlich lohnt. Zudem ist die Gewinnung der Metalle oft umweltschädlich, und es entstehen große Abfallmengen. Deshalb suchen Wissenschaftler nach Wegen, Seltenerdmetalle zu recyceln.

Cyanobakterien sind bekannt dafür, dass Metalle an sie binden. Brück und Kollegen machten ihre Versuche mit vier bekannten Labor-Stämmen sowie mit acht weiteren Stämmen, die aus ihrer natürlichen Umgebung isoliert wurden. Sie stammen alle ursprünglich aus Lebensräumen mit extremen Umweltbedingungen, etwa Natronseen im Tschad, Wüsten in Namibia, Felsspalten in Südafrika oder verschmutzten Bächen in der Schweiz.

"Diese Cyanobakterien könnten in zukünftigen umweltfreundlichen Prozessen gleichzeitig zur Rückgewinnung von Seltenerdmetallen und zur Behandlung von Industrieabwässern verwendet werden", wird Brück in einer Mitteilung des Fachmagazins zitiert.

Die Mikroben binden Metalle wie Blei oder Aluminium effizienter als Seltene Erden

Die Wissenschaftler setzten die Bakterienkulturen einer wässrigen Lösung mit den Seltenerdmetallen Lanthan, Cer, Neodym und Terbium aus. Fünf der getesteten Stämme zeigten interessante Bindungseigenschaften. Sie leben in der Natur unter ganz verschiedenen Bedingungen und kommen aus unterschiedlichen biologischen Ordnungen, doch sie haben eines gemeinsam: Sie produzieren größere Mengen an sogenannten extrazellulären polymeren Substanzen (EPS), die einen Biofilm ergeben.

Versuche mit unterschiedlichen pH-Werten weisen auf einen elektrochemischen Bindungsmechanismus hin, der mit diesem Biofilm verbunden ist. Den höchsten Ertrag brachten Cyanobakterien der Gattung Nostoc mit 84,2 bis 91,5 Milligramm Metall pro Gramm Biomasse. Dabei läuft die Reaktion mitunter sehr schnell ab. Bei Experimenten mit Cer wurde das meiste Metall bereits in den ersten fünf Minuten an die Biomasse gebunden.

Bislang ungelöst ist das Problem, dass die Mikroben Metalle wie Blei oder Aluminium effizienter binden als Metalle der Seltenen Erden. Doch Brück ist zuversichtlich, dass sich mit Bakterienhilfe irgendwann ein kommerzielles Recyclingverfahren entwickelt lässt. Ein großer Vorteil sei, dass der Bindungsmechanismus umkehrbar ist: "Das bedeutet, wir können die Metalle auswaschen und die Biomasse wiederverwenden." So könnte eine echte Kreislaufwirtschaft entstehen.

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