Süddeutsche Zeitung

Dürre:Tausende Kamele in Australien abgeschossen

  • Kamele wurden in den 1840er Jahren nach Australien gebracht. Sie gelten heute als Plage.
  • Die große Trockenheit auf dem Kontinent treibt sie in menschliche Siedlungen.
  • Dort gefährden sie die knappen Wasserressourcen.

Von Tina Baier

Scharfschützen haben in Australien Tausende wilde Kamele gekeult. Auf der Suche nach Wasser waren die Kamele im Bundesstaat South Australia in Ortschaften eingedrungen, hatten die Bewohner gefährdet und das ohnehin knappe Wasser verschmutzt.

Die drastische Aktion war vom südaustralischen Ministerium für Umwelt und Wasser angeordnet worden. Doch selbst Tierschützer scheinen zumindest ein gewisses Verständnis für die Massentötung zu haben. "Kamele sind eine in Australien eingeführte Art, also keine, die dort ursprünglich heimisch ist", schreibt die Tierschutzorganisation WWF auf Anfrage. "Der WWF Australien erkennt die Auswirkungen eingeführter Arten auf einheimische Wildtiere und Lebensräume an und plädiert dafür, die entstehenden Probleme umsichtig und mit Mitgefühl zu den entsprechenden Arten zu behandeln."

Die verheerenden Buschbrände, die seit Monaten in Australien wüten, haben nicht direkt etwas damit zu tun, dass sich Menschen und Kamele zurzeit gefährlich nahe kommen. Wohl aber die seit Jahren anhaltende Dürre in dem Land. Die Trockenheit ist in manchen Regionen derart extrem, dass selbst die Kamele kurz vor dem Verdursten sind. In ihrer Verzweiflung dringen sie in Ortschaften ein, weil sie dort Wasser wittern. Die Tiere merken, dass aus Klimageräten Kondenswasser austritt und zerstören die Anlagen beim Versuch zu trinken. Sie werfen Wassertanks um und leeren die wenigen Wasserstellen, die auch für Menschen und andere Tiere überlebensnotwendig sind. Dazu kommt, dass Kadaver verdursteter Tiere in und an den Wasserstellen liegen, es verschmutzen und so die Trinkwasserversorgung der Menschen gefährden.

Die Tiere wollen das Kondenswasser an den Klimaanlagen trinken

Die wild lebenden Kamele in Australien gelten schon länger als Plage. Die einhöckrigen Dromedare sind ein typisches Beispiel für eine invasive Art, also eine Spezies, die in einem Gebiet ursprünglich nicht heimisch war, es aber geschafft hat, sich dort zu etablieren und zu vermehren. Wie bei den meisten invasiven Arten war es auch bei den australischen Kamelen der Mensch, der die Tiere eingeschleppt hat. Die ersten wurden in den 1840er-Jahren von Engländern nach Australien gebracht. Sie sollten als Lasttiere bei der Erschließung des trockenen Inlands helfen.

In den 1920er-Jahren wurden die Kamele dann weitgehend überflüssig, weil Waren mit der Eisenbahn oder mit Lastwagen transportiert wurden. Viele der Tiere wurden damals freigelassen, und weil sie perfekt an das trockene Klima angepasst sind und zudem in Australien keine natürlichen Feinde haben, vermehrten sie sich explosionsartig. Heute leben Schätzungen zufolge etwa 300 000 Kamele auf dem Kontinent. In vielen Regionen vor allem im Northern Territory gibt es mittlerweile derart viele, dass die Umwelt nach Einschätzung von Ökologen geschädigt wird, unter anderem deshalb, weil die Kamele anderen Tieren schlicht das Futter wegfressen.

Die gezielte Erschießung von Kamelen im Süden Australiens ist nicht die erste Aktion dieser Art. Im Jahr 2009 war der Ort Docker River im Northern Territory von 6000 Kamelen auf der Suche nach Wasser regelrecht belagert worden. Die Tiere rotteten sich in den Straßen und sogar auf der zum Ort gehörenden Flugzeugpiste zusammen, was die Versorgung der Bewohner gefährdete. Damals wurden 3604 Tiere abgeschossen. Doch die Lage der Bewohner von Docker River verbesserte sich dadurch zunächst nicht. Viele verließen den Ort, weil sie den Verwesungsgeruch der Kadaver und die vielen Fliegen nicht mehr ertrugen.

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SZ vom 14.01.2020/cat
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