Ausstellung "Images from Science":Die unsichtbare Welt

Vieles in der Natur spielt sich außerhalb der menschlichen Wahrnehmung ab. Erst spezielle Aufnahmeverfahren gewähren Einblick in diese verborgene Welt - eine Auswahl faszinierender Fotos.

Barbara Galaktionow

11 Bilder

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Brennan/Jaeckle

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Vieles in der Natur spielt sich außerhalb der menschlichen Wahrnehmung ab. Erst spezielle Aufnahmeverfahren gewähren Einblicke in diese verborgenen Sphären. Einige der faszinierendsten Bilder sind jetzt im Haus der Wissenschaft in Braunschweig zu sehen.

Futtern im Wellenschlag

Viele Naturphänomene und Lebewesen spielen sich unter unseren Augen ab - und werden doch vom Menschen nicht bemerkt. Denn sie geschehen zu schnell oder sind zu klein, als dass dieser sie mit seinen natürlichen Sinnen wahrnehmen könnte.

Das gilt auch für Rotiferen. Dem Menschen ist die Existenz der höchstens drei Millimeter großen Rädertierchen selten bewusst - dabei sind sie doch sowohl in Süßwassergewässern als auch in Meeren auf der ganzen Welt verbreitet und eine wichtige Nahrungsquelle für Krustentiere und Fische im Larvenstadium. Kevin Brennan und Will Jaeckle, Biologen der Illinois Wesleyan University, nahmen 2005 mithilfe eines Elektronenrastermikroskops einen Rotifer auf. Das lateinisch als Brachionus plicatilis bezeichnete, winzige Lebewesen wird von haarähnlichen Strukturen umschlossen, sogenannten Cilien. Diese schlagen im Uhrzeigersinn wellenförmig und befördern sich auf diese Weise partikelförmige Nahrung ins Maul.

Foto: Haus der Wissenschaft/Kevin Brennan und Will Jaeckle

Images from Science, Collage: Haus der Wissenschaft

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Die Wasserfliege und 59 weitere faszinierende Aufnahmen sind derzeit in der Ausstellung "Images from Science - Wissenschaftsbilder" im Haus der Wissenschaft in Braunschweig zu sehen. Ursprünglich wurde die Fotoschau - hier eine Collage für das Ausstellungsplakat - in der Heimat von Kodak am Rochester Institute of Technology im US-Bundesstaat New York zusammengestellt. Forscher und Wissenschaftsfotografen aus aller Welt durften ihre Aufnahmen einsenden, eine sechsköpfige, aus Fotojournalisten und Wissenschaftlern bestehende Jury traf dann eine Auswahl. Wesentliche Kriterien waren laut Markus Weißkopf, Geschäftsführer des Hauses der Wissenschaft, der wissenschaftliche Vorgang an sich oder die spezielle wissenschaftliche Aufnahmetechnik, aber auch die ansprechende Ästhetik des Bildes.

Foto: Haus der Wissenschaft/Collage mit Bildern von Zolt Levay, Eugene Kowaluk und Viktor Sykora

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Hurt

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Das gigantische Auge

Die Aufnahmen stammen zudem aus unterschiedlichsten naturwissenschaftlichen Disziplinen: von Biologie über Medizin bis hin zu Geologie und Nanotechnologie. Aus dem Bereich der Astronomie stammt unter anderem die Aufnahme einer echten kosmischen Berühmtheit: des Helix-Nebels. Er ist das Endstadium eines sonnenähnlichen Sterns, dessen heißer Kern noch einmal auflodert und die Elemente der abgestoßenen Sternenhülle aufheizt, bevor er endgültig zusammenfällt.Der in der Astronomie unter der Bezeichnung NGC 7293 geführte Nebel ist der Erde mit etwa 700 Lichtjahren Entfernung relativ nah und kann deshalb von Sternwarten sehr genau beobachtet werden. Daher gehört er auch zu den am meisten fotografierten Objekten am Nachthimmel. Trotzdem gelang Wissenschaftler Robert L. Hurt 2007 mit dem Spitzer-Weltraumteleskop der Nasa im kalifornischen Pasadena eine ganz besondere Aufnahme, denn sie zeigt, wie viel Staub den rot leuchtenden Kern, den sogenannten Weißen Riesen, umgibt.

Foto: Haus der Wissenschaft/Robert L. Hurt

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Danzebrink

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Gitter mit Defekten

Was hier aussieht wie eine Ansammlung orangefarbener Eier ist die Anordnung eines photonischen Kristalls aus Polystyrol-Nanokugeln, eine Art "künstlichen Opals", wie Hans Ulrich Danzebrink sagt. Er arbeitet an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig und ist dafür verantwortlich, dass die Ausstellung "Images from Science" nach drei Stationen in den USA ihren Weg nach Europa fand. Den photonischen Kristall hat der Professor für Nanotechnologie mit einem Rasterkraftmikroskop aufgenommen. Bei dem Verfahren wird das Objekt nicht im eigentlichen Sinne fotografiert, sondern mit einer ultrafeinen Nadel abgetastet. Die erhobenen Daten werden dann optisch umgesetzt - und können letztlich in jeder beliebigen Farbe gestaltet werden. Das Bild wurde also mit einem fortschrittlichen wissenschaftlichen Verfahren erstellt.

Für Danzebrink ist dies jedoch nicht das Entscheidende: "Für mich ist das Besondere das Objekt selber", erklärt er. Denn der photonische Kristall bilde - wenn er nicht gerade deutliche Defekte aufweist, wie auf der vorliegenden Abbildung - ein "extrem kleines, zweidimensionales Gitter", das mit anderen Technologien wenn überhaupt, dann nur sehr aufwändig herstellbar sei. So sind die Nanokugeln circa 300 Mal dünner als ein menschliches Haar, wenn auch immer noch etwa 500 Mal größer als Atome. Dieses hochpräzise Gitter könne man dann in optischen Wellenleitern oder auch als zweidimensionales Lineal einsetzen.

Foto: Haus der Wissenschaft/Hans Ulrich Danzbrink

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Wood

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Entladung

Ein besonderes physikalisches Phänomen zeigt Fotograf Kent Wood aus Albuquerque in New Mexico auf diesem Foto von 1993: die sogenannte willkürliche dynamische Symmetrie von Blitzen. Mehrere Blitze schießen aus zwei entgegengesetzten Regionen einer Gewitterwolke über Tuscon, Arizona, hervor. Der Fotograf, der die Aufnahmen von Blitzen auf seiner Website als "eine seiner Spezialitäten" bezeichnet, machte mit Hilfe von Langzeitbelichtung die enorme Energie sichtbar, die sich während eines einzigen Gewittersturms entladen kann.

Foto: Haus der Wissenschaft/Kent Wood

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Kinsman

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Durchleuchtet

Einblick in das Innere von zwei Eidechsen gewährt der US-amerikanische Wissenschaftsfotograf Ted Kinsman, der in Rochester und New York ansässig ist. Mittels X-Ray-Verfahrens, einem speziellen Röntgenbild-System, enthüllte er 2007 die Knochenstruktur zweier Reptilien. Auf der linken Seite ist eine Flugechse zu sehen, die ihre Rippenknochen als Segel einsetzt, um von Baum zu Baum zu gleiten. Rechts daneben ist ein Gecko abgebildet. Das verwendete Röntgenbild-Verfahren gilt als Forschungsinstrument. Es verwendet Niederspannung und einen Punktdurchmesser von 0,5 Millimeter, um ein hochauflösendes Bild zu erstellen.

Foto: Haus der Wissenschaft/Ted Kinsman

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Mackenzie

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Algen-Mahl

Mit einem sehr gängigen Mikroskopierverfahren nahm hingegen Kevin Mackenzie von der University of Aberdeen im Jahr 2006 eine gemeine Wasserfliege auf, mit der sogenannten Hellfeld-Mikroskopie. Dabei wird ein Objekt im Durchlichtverfahren auf hellem Grund sichtbar gemacht. Seine Aufnahme gewährt einen faszinierenden Blick nicht nur auf, sondern auch in das Insekt aus der Familie der Daphniidae hinein. Denn durch den durchsichtigen Körper ist eine Portion Algen, die das kleine Lebewesen zuvor zu sich genommen hat, als grüne Linie im Verdauungstrakt deutlich zu sehen. Die Wasserfliege ist in den meisten Süßwassergewässern zu finden und wird von Fischen und Molchen gefressen.

Foto: Haus der Wissenschaft, Kevin Mackenzie

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Paul

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An der Oberfläche

Das Bild einer anderen, spektakulär aussehenden Lebensform reichte der australische Wissenschaftsfotograf David Paul ein, der auch viel für die University of Melbourne arbeitet: das einer 15 Millimeter großen Oktopus-Paralarve. Die Meeresorganismen steigen in mondlosen Nächten zum Fressen an die Oberfläche des nordöstlich von Australien liegenden Korallenmeeres. Um das Jungtier zu fotografieren, war auch körperlicher Einsatz gefordert: Paul ließ sich im Jahr 2000 beim Tauchen an einem Seil hinter einem Boot herziehen und leuchtete die Umgebung mit einer Taschenlampe aus.

Foto: Haus der Wissenschaft/David Paul

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Meckes/Ottawa

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Versteinertes Leben

Den ältesten Zeugen von Leben auf der Erde haben sich Wissenschaftsfotograf Oliver Meckes und Biologin Nicole Ottawa aus Reutlingen 2007 angenommen: den Stromatoliten. Die Besonderheit dieser Gesteinsformationen in ozeanischen Riffen besteht darin, dass sie biologischen Ursprungs sind. Die Stromatoliten entstehen über Tausende von Jahren, indem einzellige Cyanobakterien zerfallene organische Substanz und Sediment einfangen und so große lebende Flöße formen, die als Mikorbenmatten bezeichnet werden. Außerdem sondern die Bakterien Kalziumkarbonat ab, wodurch die Matten mineralisieren und mehrschichtige, gesteinähnliche Strukturen bilden. Die Bildung von Stromatoliten ist heute noch zu beobachten, etwa in der Shark Bay in Australien.

Foto: Haus der Wissenschaft/Oliver Meckes und Nicole Ottawa

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Brommerich

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Aus Bienenperspektive

Fast gewöhnlich wirkt gegenüber solch spektakulären Aufnahmen das Foto eines sogenannten Peruanischen Blausterns. Doch der US-amerikanische Fotograf Thom Brommerich verfolgt mit seiner auf Blumen spezialisierten Fotografie das Ziel, den Blick der Menschen für die sie umgebenden Naturobjekte zu schärfen. "Mein Ziel ist es, den Menschen die innere Schönheit dessen zu zeigen, was sie normalerweise nur mit einem flüchtigen Blick streifen", schreibt er auf seiner Homepage. Und dies versucht Brommerich zu erreichen, indem er die Pflanzen "aus der Perspektive einer Biene" aufnimmt: also in deutlicher Vergrößerung. So hat der Peruanische Blaustern mit seinen 50 bis 100 Einzelblüten mit je sechs Blütenblättern in natura nur einen Durchmesser von ein bis zwei Zentimeter. Die lilienähnliche Pflanze stammt übrigens - entgegen ihres Namens - gar nicht aus Peru, sondern ist im Mittelmeer heimisch.

Foto: Haus der Wissenschaft/Thom Brommerich

Images from Science, Foto: Haus der Wissenschaft/Meckes/Ottawa

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Stumpfe Augen

Die Schmeißfliege ist für die Menschen in der nördlichen Hemisphäre eine alte Bekannte. Sie tummelt sich auf Abfällen, Aas und Exkrementen, lässt sich aber auch auf Lebensmitteln oder menschlicher Haut nieder - und kann dabei auch Krankheitserreger übertragen. Meist fällt sie dem Menschen jedoch vor allem lästig. Doch in der Aufnahme von Oliver Meckes und Nicole Ottawa zeigt sich noch einmal deutlich, welch große Wirkung ein veränderter Blick auf das Objekt haben kann. Denn in der extremen Vergrößerung wirkt das grünlich-metallisch glänzende Insekt mit seinen stumpfen Augen doch sehr beeindruckend.

Die Ausstellung "Images from Science - Wissenschaftsbilder" ist noch bis zum 18. September 2009 im Haus der Wissenschaft in Braunschweig zu sehen. Öffnungszeiten: Di-Fr: 13-20 Uhr; Sa: 13-18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Foto: Haus der Wissenschaft/Oliver Meckes und Nicole Ottawa Text: sueddeutsche.de/cmat

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