Süddeutsche Zeitung

Ausbeutung der Meere:Idylle ade

Massenhaft Müll und immer weniger Fische: Werden die Meere weiter so strapaziert, werden sie 2050 nichts mehr hergeben, warnen Experten.

Im Kampf gegen die fortschreitende Plünderung der Meere hat die Umweltstiftung World Wide Fund For Nature (WWF) die Einführung langfristiger Managementpläne für alle Fischbestände gefordert. Außerdem müssten die Beifänge auf ein Minimum reduziert und die Rückwürfe verboten werden.

Die Bestände können sich nicht erholen, wenn ein Großteil der Jungfische als Müll im Meer endet und wichtige Lebensräume wie etwa Kinderstuben nicht geschützt werden, sagte WWF-Expertin Heike Vesper anlässlich des "Tages des Meeres", der am Montag begangen wird. Sollte der Fischfang nicht eingeschränkt werden, könnte bis 2050 die kommerzielle Fischerei weltweit erledigt sein, sagte sie.

Die Europäische Union ist nach Angaben des WWF internationaler Rekordhalter bei der Überfischung. 88 Prozent der Fischbestände in der EU seien überfischt. Nirgendwo sonst auf der Welt werden die Meere derart stark übernutzt. "Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass bis zu 40 Prozent der Fänge als sogenannter Beifang im Müll landen", sagte Heike Vesper. "Allein in der Nordsee werden jedes Jahr etwa eine Million Tonnen Meeresbewohner tot oder sterbend zurück ins Meer geworfen".

Der Verbraucher könne ebenfalls einen Beitrag zum Schutz der Meere leisten, wenn auf seinem Teller nur Fischprodukte mit dem blauen MSC-Umweltsiegel (Marine Stewardship Council) landen. Das Siegel stehe für nachhaltige Meeresfischerei, bei der nicht mehr Fisch gefangen wird, als nachwächst und Meeresbewohner und Lebensräume nicht bedroht werden.

Zugleich beklagten Experten den Müll im Meer. 6,4 Millionen Tonnen Abfall werden nach Angaben des United Nations Environment Programme (UNEP) jedes Jahr in die sieben Weltmeere gekippt, auf jedem Quadratkilometer der Ozeane schwimmen 46.000 Stück Plastikmüll. Das meiste stammt von der internationalen Schifffahrt. Statt für die Müllentsorgung in den Häfen zu bezahlen, schmeißen die Kapitäne den Müll oft einfach auf hoher See über Bord.

Dazu kommen Haus- und Industrieabfälle, die über die Flüsse in die Ozeane gelangen und durch Meeresströmungen und Winde verteilt werden. Jedes Jahr verenden mehr als eine Million Seevögel qualvoll durch diesen Müll, aber auch Schildkröten und mehr als 100.000 Meeressäuger. Sie ersticken an Sechserpackträgern, strangulieren sich mit treibenden Netzresten oder verhungern, weil ihre Mägen mit Plastikteilen verstopft sind.

Zum Beispiel haben nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace in der Nordsee etwa 97 Prozent der Eissturmvögel in ihrem Magen rund 0,31 Gramm Plastikmüll. Das entspricht beim Menschen einer Brotdose voll mit scharfkantigen Plastikresten.

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dpa/beu
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