Atomenergie:Halbzeit beim Atomausstieg

Die deutschen AKW-Betreiber haben die Hälfte der ihnen im Atomkonsens zugestandenen Reststrommenge aufgebraucht. Wann der Ausstieg aus der Kernkraft vollzogen wird, ist indes unklar.

Neun Jahre nach dem Atomkonsens haben die deutschen AKW-Betreiber die darin vereinbarte Reststrommenge gut zur Hälfte ausgeschöpft. Bis Ende vergangenen Jahres produzierten die deutschen Kernkraftwerke 53 Prozent davon, wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Donnerstag in Salzgitter mitteilte. Aktuell sind es rund 54 Prozent, wie ein BfS-Sprecher sagte.

Exakte Prognosen über das Ende des Atomstroms in Deutschland sind laut Bundesamt nicht möglich, weil ungeplante Stillstände, Verfügbarkeitseinschränkungen oder Strommengenübertragungen die Restlaufzeiten ändern könnten.

Nach der vom BfS veröffentlichten Statistik wurden 2008 insgesamt rund 141.000 Gigawattstunden (entsprechend 141 Milliarden Kilowattstunden) Atomstrom produziert. Damit stieg die Stromerzeugung in Kernreaktoren zwar gegenüber dem Vorjahr (rund 133.000 GWh) an, blieb aber hinter den Jahren 2005 und 2006 um rund ein Zehntel zurück, als jeweils mehr als 150.000 GWh produziert worden waren.

Zwei Kraftwerke stillgelegt

Formal sind in Deutschland derzeit noch 17 Atomkraftwerke in Betrieb. Tatsächlich am Netz sind aber deutlich weniger: Brunsbüttel und Krümmel sind nach schweren Pannen schon seit mehr als einem Jahr abgeschaltet. Auch der älteste Meiler, Biblis A, ist seit Ende Februar nicht mehr am Netz. Wegen Wartungsarbeiten soll er laut Betreiberfirma RWE erst im September wieder hochgefahren werden. Der benachbarte Block Biblis B ist schon seit Januar abgeschaltet. Planmäßig soll er im Juni wieder ans Netz.

Als der Atomkonsens im Jahr 2000 zwischen der damaligen rot-grünen Bundesregierung und den Kraftwerksbetreibern beschlossen wurde, hatten noch 19 Atomkraftwerke eine Betriebsgenehmigung. Stade ging Ende 2003 außer Betrieb und wurde 2005 stillgelegt. Obrigheim ging Mitte 2005 außer Betrieb.

Eigentlich hätte nach der angenommenen Regellaufzeit von 32 Jahren Biblis A als nächster Meiler 2007 zur Stilllegung angestanden. Dann stand der Reaktor aber mehr als ein Jahr zwischen Ende 2006 und Anfang 2008 still, so dass er Anfang 2009 immer noch 5.208 Gigakilowattstunden Reststrom produzieren durfte. Wenn er diese Menge 2009 nicht ausschöpft, könnte er auch noch 2010 und damit 35 Jahre eine Betriebsgenehmigung haben.

Die nächst jüngeren Kraftwerke sind Neckarwestheim 1, Biblis B und Brunsbüttel. Sie gingen 1976 beziehungsweise 1977 in den Leistungsbetrieb. Sie hatten Ende 2008 noch Reststrommengen zwischen rund 6.500 und 12.500 Gigakilowattstunden, die sie wohl kaum noch dieses Jahr aufbrauchen werden. Ebenfalls noch aus den 70er Jahren stammen Unterweser und Isar 1. Die übrigen und weitaus meisten Kernkraftwerke gingen in den 1980er Jahren in den Leistungsbetrieb, als letztes 1989 Neckarwestheim 2.

Dieses Kraftwerk in Baden-Württemberg hat mit einer Reststrommenge von rund 141.500 Gigawattstunden noch etwa so viel wie alle Atomkraftwerke 2008 insgesamt produziert haben.

Die meisten Kernkraftwerke gibt es mit fünf in Bayern (Isar 1 und 2, Gundremmingen B und C, Grafenrheinfeld), gefolgt von Baden-Württemberg mit vier (Neckarwestheim 1 und 2, Philippsburg 1 und 2). Je drei Anlagen stehen in Schleswig-Holstein (Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel) und in Niedersachsen (Unterweser, Grohnde, Emsland). In Hessen stehen Biblis A und Biblis B.

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