Süddeutsche Zeitung

Astronomie:Sturzflug aus den Tiefen des Alls

Ein seltsamer Felsbrocken ist an der Erde vorbeigerast. Er ist der erste beobachtete Asteroid von außerhalb unseres Sonnensystems.

Von Alexander Stirn

Wie ein Sternenkreuzer, der zum Sturzflug ansetzt, sieht der erste interstellare Besucher unseres Sonnensystems aus - zumindest in der Fantasie des Zeichners der Europäischen Südsternwarte Eso. ʻOumuamua heißt das Objekt, dessen Licht Mitte Oktober erstmals von einem Teleskop auf der Pazifikinsel Hawaii aufgefangen worden ist.

Damals dachten Astronomen, sie hätten einen weiteren Kometen oder Asteroiden entdeckt - einen jener unzähligen Brocken, die im Sonnensystem ihre Bahnen ziehen. Eine detaillierte Analyse des Himmelsobjekts zeigte jedoch, dass ʻOumuamua (hawaiianisch für "Bote aus der Vergangenheit") aus den Tiefen des All stammen muss - aus einer Region, die heute vom hellen Stern Wega im Sternbild Leier dominiert wird.

Vermutlich ist der Asteroid aber schon seit Hunderten Millionen Jahren in der Milchstraße unterwegs, mit einem Tempo von 95 000 Kilometern pro Stunde. Entsprechend rasch entfernt sich ʻOumuamua auch wieder von der Sonne.

Dennoch gelang es einer Reihe irdischer Teleskope, darunter dem Very Large Telescope der Eso in Chile, ihm einige Geheimnisse zu entlocken (Nature, online). Der Brocken ist demnach mindestens 400 Meter lang, dünn und rotiert alle 7,3 Stunden um die eigene Achse. Da die Teleskope keinen Staub registrieren konnten, gehen Astronomen davon aus, dass der Asteroid aus Fels oder Metall besteht und weder über nennenswerte Mengen an Eis noch an Wasser verfügt. Forscher schätzen, dass etwa einmal pro Jahr ein interstellarer Asteroid wie ʻOumuamua durchs innere Sonnensystem rast - sie hatten bislang nur noch keinen der Besucher gesehen.

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Quelle:
SZ vom 22.11.2017 / alst
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