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Astronomie:Sonnensturm ohne Folgen - vorerst

Der Sonnensturm, der die Erde getroffen hat, war schwächer als erwartet und hat nicht zu den befürchteten Ausfällen in Stromnetzen und bei GPS-Navigationsgeräten geführt. Auch Satellitenstörungen sind ausgeblieben. Die Eruptionen werden in den nächsten Monaten allerdings noch zunehmen.

Der Sonnensturm, der am Donnerstag die Erde getroffen hat, hat sich bis in die Nacht nur geringfügig ausgewirkt. Befürchtete Ausfälle bei Stromnetzen und GPS-Navigationsgeräten blieben ebenso aus wie Satellitenstörungen. Der US-Wetterbehörde NOAA zufolge kam es lediglich zu Störungen im Funkverkehr bei Flügen über Nord- und Südpol.

"Ich weiß nicht, ob wir sagen können, dass es schon vorbei ist", zitierte das Internetportal Space.com den Physiker C. Alex Young vom Goddard Space Flight Center der Nasa. Aber wahrscheinlich werde man von diesem Sturm "nicht viel mehr sehen".

Ausschließen können die Wissenschaftler jedoch nicht, dass sich das magnetische Feld des Sturmes bis zum Freitagvormittag doch noch verstärkt - solange hält das Ereignis nach den Vorhersagen der Behörde an.

Der Sturm war in einer Stärke von G3 auf einer Skala von G1 bis G5 (schwächste bis stärkste Intensität) erwartet worden. Die NOAA stufte ihn am Donnerstag aber dann nur in die Kategorie G1 ein: Demnach war das magnetische Feld des Sturms beim Eintreffen in einer Weise ausgerichtet, dass Schäden auf der Erde minimal blieben.

NOAA-Experte Joseph Kunches räumte ein, dass die Behörde mit der Vorhersage danebengelegen habe. Allerdings sei es "fast unmöglich", genaue Aussagen über das Magnetfeld innerhalb der von der Sonne ausgestoßenen Teilchenwolke zu machen, sagte er.

Experten erwarten, dass die Eruptionen in den nächsten Monaten noch zunehmen. Im Mai 2013 soll es die stärkste Aktivität geben - aus den Außenschichten der Sonne werden dann besonders oft große Gaswolken ins All geschleudert.

Ein relativ schwacher Sturm sei schon am Mittwochabend messbar gewesen, erklärte Paolo Ferri vom Raumflugkontrollzentrum Esoc der europäischen Raumfahrtagentur Esa. Sensible Geräte seien vorsichtshalber schon am Mittwoch abgeschaltet worden.

Die Eruption in der Nacht zum Mittwoch habe in der linken Sonnenhälfte gelegen, sagte Werner Curdt vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) im niedersächsischen Katlenburg-Lindau. Das Gebiet auf der Sonne, in dem die aktuelle Eruption erfolgte, sei weiter aktiv. Es liege jetzt etwa auf der Sonnenmitte - an diesem Wochenende sei deshalb die Wahrscheinlichkeit für gewaltige Sonnenstürme, die die Erde direkt treffen, am höchsten.

"Es gibt zwei Probleme mit den Satelliten", sagte Ferri. Manche Satelliten wie das Weltraumteleskop Integral hätten sensible Geräte an Bord, die mit Hochspannung arbeiteten. "Und die reagieren sofort und sehr dramatisch."

Die Geräte würden deshalb bei einer Sonnensturm-Warnung sofort abgeschaltet. "Das haben wir gestern schon gemacht mit Integral." Die Vorhersage von Sonnenstürmen, die auf die Erde zurasen, habe sich in den vergangenen Jahren sehr verbessert - und die Gefahr für Schäden an Satelliten damit verringert.

Das zweite Problem sei, dass die Lage mancher Satelliten über spezielle Sternensensoren gesteuert werde. "Diese Sternensensoren werden praktisch blind, wenn dieser Sturm geladener Partikel kommt. Im Moment erleben wir das bei Venus Express." Die Raumsonde fliege um die Venus, die Intensität des Sonnensturms sei dort noch stärker. Ausweichend könnten Radiosignale zur Lagesteuerung genutzt werden - das sei aber sehr aufwendig und nicht so präzise.

Die Sonnenaktivität schwankt im Rhythmus von etwa elf Jahren und nimmt seit 2010 wieder zu. Der aktuelle Sturm ist nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa der zweitstärkste des aktuellen Sonnenzyklus. In den nächsten Monaten stünden noch mehrere stärkere Sonnenstürme bevor - wie viele genau, sei aber unklar.

Sonneneruptionen und die folgenden magnetischen Stürme haben das Leben auf der Erde in der Vergangenheit bereits beeinflusst. Die erste größere Sonneneruption wurde 1859 vom britischen Forscher Richard Carrington entdeckt. Die Nasa berichtete von Störungen des Telefonnetzes im Bundesstaat Illinois durch einen Sonnensturm 1972 und von Stromausfällen in der kanadischen Provinz Québec 1989.

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