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Astronomie:Solo-Auftritt eines Planeten

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Einsam rast er durch den Weltraum, keine Sonne ist ihm eine Heimat: Französische und kanadische Astronomen haben einen Planeten entdeckt, der offenbar als Einzelgänger unterwegs ist, anstatt einen Stern zu umkreisen.

Wer von Planeten hört, denkt normalerweise an Himmelskörper, die um einen Stern kreisen. Doch Planeten können auch als Einzelgänger auftreten, die - an keine Sonne gebunden - durch das All vagabundieren.

Einen solchen Planeten haben nun französische und kanadische Astronomen in einer Entfernung von etwa 100 Lichtjahren entdeckt.

"Obwohl die Existenz solcher sehr kalten und sehr jungen Planeten in der Theorie bereits klar war, wurde bis heute noch keiner beobachtet", sagt Étienne Artigau von der Université de Montréal (UdeM). Zwar seien in den vergangenen Jahren etliche Objekte identifiziert worden, fügt sein Kollege Jonathan Gagné hinzu. Aber solange ihr Alter nicht wissenschaftlich bestätigt sei, sei ihre Existenz nicht anerkannt. "Die Astronomen sind unsicher, ob man sie als Planeten oder als Braune Zwerge einordnen soll", so Gagné. "Braune Zwerge nennen wir Himmelskörper, in deren Zentrum es nicht zu einer nuklearen Kettenreaktion gekommen ist, so dass sie nicht zur Sonne wurden."

Das Team unter Leitung des Franzosen Philippe Delorme vom Laboratoire d'Astrophysique de l'Observatoire de Grenoble wertete Daten des Canada-France-Hawaii Telescope (CFHT) sowie des European Southern Observatory's Very Large Telescope (VLT) aus. In einer Gruppe von sehr jungen Sternen, die unter dem Namen AB-Doradus-Bewegungshaufen bekannt sind, war ihnen das Objekt CFBDSIR2149-0403 aufgefallen.

Der Haufen "ist einzigartig, weil er aus etwa dreißig Sternen besteht, die alle etwa gleich alt und gleich zusammengesetzt sind und sich zusammen durch den Weltraum bewegen", erklärt Lison Malo vom Centre for Research in Astrophysics of Quebec (CRAQ).

Mit Hilfe der Informationen, die die Astronomen zum AB-Doradus besitzen, konnten sie CFBDSIR2149-0403 als Planeten einordnen, sein Alter, seine Masse und seine Temperatur bestimmen. Sie vermuten, dass er zwischen 20 und 200 Millionen Jahre alt ist und zur selben Zeit entstand wie der Sternhaufen. Das würde die Altersbestimmung auf 50 bis 120 Millionen Jahre einschränken. Damit ist er zu jung für einen abgekühlten Braunen Zwerg. Vielmehr handelt es sich offenbar um einen Gasplaneten mit einer Atmosphäre ähnlich derjenigen des Jupiter, einer vier- bis siebenfachen Masse dieses Planeten und einer Temperatur von etwa 400 Grad Celsius, schreiben sie im Fachjournal Astronomy and Astrophysics.

Aus der Umlaufbahn geschleudert?

Es gibt zwei Möglichkeiten, wieso Planeten als Einzelgängern auftreten: Entweder sie sind, wie andere Planeten auch, aus einer Scheibe von Staub und Trümmern entstanden, die um einen Stern kreisen. Dann wurde der Planet aus unbekannten Gründen aus der Umlaufbahn geschleudert.

Oder eine kosmische Gaswolke ist in der eigenen Schwerkraft kollabiert - hier liegt der Ursprung eines Sterns -, doch die Masse des entstandenen Himmelskörpers war nicht groß genug, um eine Kernfusion von Wasserstoff im Inneren auszulösen. So entstehen auch Braune Zwerge. Da die Masse des neu entdeckten Objekts jedoch geringer ist als die solcher Nicht-Sonnen, scheint es sich bei CFBDSIR2149-0403 um einen Planeten zu handeln.

Erst im vergangenen Jahr hatte ein internationales Astronomen-Team im Fachmagazin Nature berichtet, insgesamt zehn Objekte in der Größe des Jupiters entdeckt zu haben, die sich keinem Sonnensystem zuordnen ließen. Die Forscher hatten beobachtet, dass das Licht einiger Sterne durch große Objekte gebeugt wurde - Objekte, bei denen es sich vermutlich um Planeten handelte.

Angesichts der relativ großen Zahl dieser Objekte im Untersuchungsgebiet äußerten die Wissenschaftler um Takahiro Sumi von der Osaka University in Japan die Vermutung, solche Einzelgänger könnten so verbreitet sein wie Sterne.

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