Astronomie:Blicke unter die Oberfläche des Mondes

Schnurgerade Kanäle, die den Astronomen bislang entgangen sind, durchziehen die Kruste des Erdtrabanten. Außerdem ist diese Schicht dünner als angenommen. Das zeigen die Daten der "Grail"-Satelliten, die seit Anfang des Jahres das Schwerefeld des Mondes vermessen.

Mit Hilfe zweier Raumsonden im Formationsflug haben Wissenschaftler das Schwerefeld des Mondes untersucht und davon besonders präzise Karten erstellt. Obwohl die beiden Sonden des Nasa-Projekts Gravity Recovery and Interior Laboratory (Grail) erst seit Anfang des Jahres im Einsatz sind, haben sie schon wichtige Informationen geliefert.

So ist die Mondkruste zwischen 34 und 43 Kilometer dick - und damit zehn bis zwanzig Kilometer dünner als angenommen. Wie die Forscher im Fachmagazin Science weiter berichten, ist die Dichte der Kruste der hellen Hochebenen des Mondes mit 2,55 Gramm pro Kubikzentimeter offenbar weniger dicht als angenommen - vermutlich weil die Oberfläche relativ porös ist.

Die Wissenschaftler vermuten nun, dass die chemische Zusammensetzung derjenigen der Erde entspricht. Das würde die Theorie stützen, dass der Himmelskörper ursprünglich ein Teil der Erde war und beim Einschlag eines anderen Körpers herausgesprengt wurde.

Darüber hinaus spürten die Grail-Sonden mindestens 22 schurgerade, mehrere Kilometer breite und Hunderte von Kilometern lange Strukturen im Boden auf, die vermutlich aus dichterem Gestein bestehen. Es handelt sich bei den insgesamt mindestens 5300 Kilometer langen Einschlüssen offenbar um Magma, das nach der Entstehung des Mondes aus dessen Inneren in Spalten geflossen ist. Diese hatten sich bei der anfänglichen Ausdehnung des Himmelskörpers gebildet. In dieser Phase hatte der Radius des Mondes um 0,6 bis fast fünf Kilometer zugenommen, dann hatte sich der Erdtrabant wieder zusammengezogen.

Auf der Oberfläche sind diese Strukturen aufgrund der Kometen- und Asteroideneinschläge nicht zu sehen. Doch aufgrund ihrer Dichte besitzen sie eine andere Anziehungskraft als ihre Umgebung - was die Grail-Satelliten zu spüren bekommen.

Die Sonden Ebb (Ebbe) und Flood (Flut) fliegen über die Mondoberfläche und halten Funkverbindung zueinander. Verändert sich die Struktur oder Zusammensetzung des Bodens unter ihnen, so wirkt sich das auf ihre Geschwindigkeit aus. Nimmt die Schwerkraft über einer Stelle zu, so steigt die Fluggeschwindigkeit der Sonde und der Abstand zur zweiten Sonde verändert sich. Gemessen wird die Distanz im Mikrometerbereich. Die Sonden funken ihre Positionen mehrmals pro Sekunde zur Erde, wo die Forscher aus den Daten auf die Struktur des Schwerefeldes schließen können.

Die Grail-Satelliten Ebb (Ebbe) und Flow (Flut) funken ihre Position zur Erde und halten auch untereinander Kontakt. So lässt sich jede winzige Abweichung ihrer Flugbahn messen, die auf Veränderungen

Die Grail-Satelliten Ebb (Ebbe) und Flow (Flut) funken ihre Position zur Erde und halten auch untereinander Kontakt. So lässt sich jede winzige Abweichung ihrer Flugbahn messen, die auf Veränderungen im Schwerefeld zurückgeht.

(Foto: Nasa/JPL)

Bis Mai hatten die Sonden die Mondoberfläche vollständig untersucht. Die Wissenschaftler berichten nun, dass das gemessene Schwerefeld zu etwa 98 Prozent mit der bekannten Mondtopografie zusammenpasst. Das heißt, Krater, Meere (Maria) und Ebenen finden sich in der Schwerefeld-Karte wieder.

Von März bis Mai waren die Sonden in einer Höhe von 55 Kilometern um den Mond geflogen, danach betrug der Abstand zur Oberfläche 23 Kilometer. Seit gestern sind es nur noch elf Kilometer. Die Daten aus diesen Höhen müssen noch ausgewertet werden, dürften das Schwerefeld jedoch noch genauer beschreiben. Wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben, sollen die Satelliten auf die Mondoberfläche stürzen.

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