Süddeutsche Zeitung

Asteroiden-Projekt der Nasa:Auf Beutelzug im All

Man nehme einen großen Beutel und eine Raumsonde und fertig ist das Projekt, mit dem die Nasa derzeit liebäugelt: Sie will Asteroiden einfangen und in die Mondumlaufbahn befördern. Was klingt wie aus einem Science-Fiction-Film, hätte gleich mehrere Vorteile für die Raumfahrt.

Von Alexander Stirn

Es klingt wie eine Aufgabe für einen Hollywood-Haudegen: Fliegen Sie ins All, finden Sie einen Asteroiden, schleppen Sie ihn ab und deponieren Sie den Brocken in einer Umlaufbahn um den Mond. Doch der Plan stammt nicht aus der Feder eines Drehbuchschreibers, sondern aus der US-Raumfahrtbehörde Nasa. Dort wird das Unterfangen derzeit ernsthaft diskutiert.

Für die Amerikaner wäre solch eine Mission ein Doppelschlag: Asteroiden stehen bei ihnen derzeit hoch im Kurs. In der Mitte des kommenden Jahrzehnts, so die Vorgabe von US-Präsident Barack Obama, sollen erstmals Astronauten zu einem fernen Felsbrocken aufbrechen. Drei bis sechs Monate sind für die Mission eingeplant, erste Simulationen auf der Erde haben bereits begonnen. Mit den Erfahrungen des Asteroidenbesuchs soll es ein Jahrzehnt später zum Mars gehen.

Allerdings gibt es in der amerikanischen Raumfahrtbranche auch eine lautstarke Fraktion, die sich für eine bemannte Rückkehr zum Erdtrabanten stark macht. Um ihre Pläne voranzutreiben, fehlte den Mond-Fans bislang aber eine lohnenswerte Aufgabe da oben. Ein Asteroid im lunaren Orbit wäre ein willkommener Kompromiss - sowohl technisch als auch wissenschaftlich.

Seit Jahren tüfteln Raumfahrtenthusiasten an entsprechenden Ideen. Die Nasa hatte sich bislang aber bedeckt gehalten. Das scheint sich nun zu ändern, wie das britische Wissenschaftsmagazin New Scientist von Forschern des California Institute of Technology (Caltech) erfahren haben will. Die Raumfahrtagentur brütet demnach über einem Konzept, das die Forscher vergangenes Jahr vorgestellt haben. Die Caltech-Studie plädiert dafür, einen Asteroiden zu fangen, der groß genug ist, damit er von der Erde aus entdeckt und charakterisiert werden kann. Andererseits sollte er so klein sein, dass er abgeschleppt werden kann. Ein Durchmesser von sieben Metern und eine Masse zwischen 250 und 1000 Tonnen seien ein guter Mittelwert.

Um den unkontrolliert taumelnden Asteroiden einzufangen, soll eine unbemannte Sonde einen etwa 15 Meter großen Beutel über den Felsbrocken werfen. Anschließend zündet sie ihre Triebwerke. Sechs bis zehn Jahre soll die Mission vom Start bis zur Lieferung in der Mondumlaufbahn dauern. Irgendwann im nächsten Jahrzehnt könnte es soweit sein.

Die Raumfahrt würde in mehrfacher Weise profitieren: Astronauten könnten Manöver für den Besuch eines fernen Felsbrockens erproben - immer in Reichweite der Erde. Wissenschaftler könnten in Ruhe ein Überbleibsel aus der Frühzeit des Sonnensystems studieren. Missionsplaner hätten die Möglichkeit zu untersuchen, ob sich Asteroiden eignen, um Wasser, Luft und Treibstoff zu gewinnen. Und Firmen, die künftig Rohstoffe auf Himmelskörpern abbauen wollen, könnten erste Erfahrungen sammeln.

Noch wichtiger ist ein anderer Punkt: Eines Tages wird mit hoher Wahrscheinlich ein Asteroid auf die Erde zurasen. Erkenntnisse, wie solch eine Katastrophe abgewendet werden kann, werden dringend benötigt. Die Gefahr, dass durch ein fehlgeschlagenes Manöver auch der abgeschleppte Asteroid auf Erdkurs gebracht werden könnte, sehen die Forscher dagegen als gering an.

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SZ vom 07.01.2013/beu
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