Katastrophen:Ein Asteroid, viermal so groß wie der Mount Everest

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Vergleichsweise klein war der Asteroid, der vor etwa 66 Millionen Jahren die meisten Dinosaurier und einen Großteil aller anderen Tierarten ausgerottet haben soll. (Foto: Don Davis)

Vor mehr als drei Milliarden Jahren erlebte die Erde einen gewaltigen Einschlag, viel größer als jener, dem wohl später die Dinosaurier zum Opfer fielen. Eine unvorstellbare Katastrophe? Das hängt von der Perspektive ab.

Von Christian Weber

Über welche Gewalt Asteroiden verfügen, weiß man spätestens seit der Entdeckung des Chicxulub-Kraters im Norden der mexikanischen Halbinsel Yucatan, der sich mit einem Radius von 180 Kilometern weit in den Golf von Mexiko erstreckt. Vor 66 Millionen Jahren schlug dort ein etwa zehn bis 15 Kilometer großer Brocken aus dem Weltall ein und verursachte ein Massenaussterben, dem vermutlich auch die Dinosaurier erlagen. Preisfrage: Was geschieht, wenn ein Asteroid zu Besuch kommt, der 200-mal so groß ist wie der von Chicxulub?

Das war die Frage, der ein Team um die Geowissenschaftlerin Nadja Drabon von der Harvard University nachgegangen ist. In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins PNAS berichten sie über den Asteroiden mit dem prosaischen Namen S2, der vor 3,26 Milliarden Jahren auf die Erde einschlug und ungefähr viermal so groß war wie der Mount Everest. Ihre Spurensuche im sogenannten Barberton-Greenstone-Gürtel im heutigen Südafrika kam zum Ergebnis: Der Einschlag hatte sogar gewisse Vorteile für die weitere Evolution des Lebens.

Einzellige, eisenfressende Organismen waren die Gewinner in der Katastrophe

Dabei war es sicherlich hilfreich, dass es zu dieser Zeit noch nicht allzu viel Leben gab, mal abgesehen von Einzellern und sogenannten Archaeen, sehr primitiven Organismen. Wohl kaum eine Tier- oder Pflanzenart hätte den S2-Einschlag überlebt. Der Rekonstruktion zufolge führte er in dem damals relativ trägen ozeanischen System zu einem ungeheuren Tsunami, der alles durcheinander schmiss vom Meeresboden bis zur Atmosphäre. Vermutlich seien die oberen Wasserschichten der Ozeane einfach weggekocht, die Luft darüber extrem erhitzt worden. Wahrscheinlich hätten dann die aufgewirbelten Staubwolken über Jahre oder Jahrzehnte eine Dunkelheit verursacht, die vorerst alle Photosynthese beendete.

Doch zugleich habe es Gewinner der Katastrophe gegeben, so die Forscher und Forscherinnen: einzellige Organismen, die sich von Phosphor und Eisen ernährten. Das Eisen dürfte der Tsunami aus der Tiefsee in flache Gewässer aufgewirbelt haben, und Phosphor hatte der Asteroid selbst auf die Erde gebracht. Diese speziellen Bakterien hätten vermutlich in der Folgezeit zur Entstehung komplexeren Lebens beigetragen. „Wir denken bei Einschlägen an katastrophale Folgen für das Leben“, sagt Drabon laut einer Pressemitteilung der Universität. „Aber diese Studie zeigt, dass diese Einschläge auch Vorteile für das Leben hatten, vor allem in der Frühzeit. Diese Einschläge könnten das Leben tatsächlich zum Blühen gebracht haben.“

Somit hätte sich bei dieser Megakatastrophe ein Phänomen gezeigt, das sich dann beim Chicxulub-Einschlag viel später wiederholte: Das Aussterben der Dinosaurier war bekanntlich die Voraussetzung für den Aufstieg der Säugetiere auf der Erde.

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