Süddeutsche Zeitung

Artenvielfalt:Marihuana-Farmer gefährden seltene Marder

Rattengift, das auf illegalen Hanfplantagen in Kalifornien ausgelegt wird, schützt nicht nur die Pflanzen vor Ratten. Es tötet auch Fischmarder, warnen US-Wissenschaftler.

Thomas Wagner-Nagy

Landwirte müssen ihre Ernte vor Schädlingen schützen. Das gilt auch für eine besondere Sorte von Ackersmännern: Illegale Hanfbauern im ländlichen Kalifornien verwenden Rattengift, um ihre kostbaren Marihuana-Blüten zu verteidigen.

Darunter leidet der Fischmarder, wie ein Forscherteam um Mourad Gabriel von der University of California entdeckt hat (PLoS ONE, online). Der seltene Waldräuber, der mit dem Wiesel verwandt ist, nimmt das Rattengift über seine Beutetiere auf. Denkbar ist aber auch die direkte Einnahme, da das Gift mit Schinken- und Käsearoma versehen ist.

Die Wissenschaftler untersuchten für ihre Studie 58 tote Fischermarder und fanden in nahezu jedem Kadaver Spuren von Brodifacoum. Das Rattengift der zweiten Generation kann - im Gegensatz zu seinen Vorgängern - für die Tiere schon nach der ersten Einnahme tödlich sein. Tückisch dabei: Es kann bis zu einer Woche dauern, bis sich Symptome bemerkbar machen. Bevor das vergiftete Tier stirbt, ist es ein zusätzliches Risiko für seine Fressfeinde.

Rattengift ist eine unspezifische Art der Vergiftung, die gewöhnlich nicht in der Wildnis zum Einsatz kommt. "Wir waren sehr überrascht, solche untypischen Vergiftungen beim Fischmarder zu finden", sagt Gabriel, "denn dieser lebt in Waldgebieten und Nationalparks fernab von Stadt- und Agrarflächen."

Genau an jenen abgeschiedenen Orten, die sich perfekt für illegalen Hanfanbau eignen. Tatsächlich zerschlugen die Behörden eine Plantage in der Nähe des Forschungsgebiets. Sie fanden große Mengen Rattengift um die Marihuana-Pflanzen herum und an den Bewässerungsanlagen.

Die Todeswelle der Fischmarder trat von Mitte April bis Mitte Mai auf - dem perfekten Zeitraum, um Hanf zu pflanzen. Die Forscher sind beunruhigt über den Befund, denn sie betrachten den Fischermarder als Regenschirmart, also eine Spezies, mit deren Schutz gleichzeitig andere Arten mitgeschützt werden sollen. Ist solch eine Art gefährdet, gilt dies auch für weitere Arten.

In Kalifornien seien auch Rotfüchse, Fleckenkauze und weitere Marderarten durch die Kifferei in Gefahr. Das Rattengift hemmt den Vitamin-K-Kreislauf im Körper, der für die Blutgerinnung zuständig ist. Funktioniert diese nicht, können die Tiere selbst bei kleinsten Verletzungen verbluten.

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Quelle:
SZ vom 24.07.2012/mcs
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