Artenschutz:Manche Blumen sind für Bienen der blanke Horror

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Forsythien sind aus Sicht der Insekten nutzlos. (Foto: CLAUS SCHUNK 01716/Claus Schunk)

Es ist ja nicht so, dass das große Artensterben den Menschen egal wäre. Trotzdem verschwinden immer mehr Tiere und Pflanzen. Man muss den Schutz eben auch richtig angehen.

Kommentar von Tina Baier

Es ist ja nicht so, dass das große Artensterben den Menschen egal wäre. Es gibt unzählige Projekte, um den Schwund von Tieren und Pflanzen zu stoppen. Viele Länder investieren gar nicht wenig Geld, um zu retten, was noch zu retten ist. Trotzdem verschwinden immer mehr Arten, und die Rote Liste der Weltnaturschutzunion IUCN wird länger und länger.

Was läuft da falsch? Zum einen liegt es sicher daran, dass immer noch zu wenig getan wird. Doch viel zu oft ist Artenschutz zwar gut gemeint, bringt aber wenig bis gar nichts. Das fängt im eigenen Garten an und hört bei großen europäischen Vorhaben nicht auf. Eine Studie des Bundesamts für Naturschutz, in der es um den europaweiten Artenschutz in der Agrarlandschaft geht, ist gerade zu dem niederschmetternden Ergebnis gekommen, "dass die Ökologischen Vorrangflächen in der bisherigen Form insgesamt keinen Mehrwert für die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften erbracht haben". Und dass auch deshalb die europaweiten Artenschutzziele "weitestgehend verfehlt" werden. Das ist bitter.

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Blühstreifen beruhigen das schlechte Gewissen. Doch viel zu oft bringen sie wenig

"Ökologische Vorrangfläche", das ist Beamtendeutsch für Brachflächen, Blühstreifen, Hecken und überhaupt alles, wo sich die von der intensiven Landwirtschaft gebeutelten Arten wie etwa die Feldlerche jetzt bitte schnell wieder erholen sollen. Wo wir uns doch so viel Mühe geben. Aber so einfach ist es leider nicht. Blühflächen und Blühstreifen rund um Felder zum Beispiel beruhigen das schlechte Gewissen und sehen auch noch schön aus. Doch für den Artenschutz sind sie so gut wie nutzlos, wenn sie im Herbst wieder abgemäht werden.

Die Insekten, die man dort summen und brummen sieht, kommen von überall her angeflogen, was aber nicht heißt, dass sich die Zahl der Tiere insgesamt vermehrt. Und schon gar nicht, dass sich dort seltene, vom Aussterben bedrohte Spezies ansiedeln. Um das zu erreichen, müssten solche Flächen über mehrere Jahre stehen bleiben - was aber oft nicht der Fall ist. Die Natur braucht Zeit, damit sich dort die komplexen Wechselwirkungen ausbilden können, die für intakte Ökosysteme charakteristisch sind. Parasitische Wildbienen beispielsweise, die ihre Eier in die Brut anderer Insekten legen, die wiederum auf ganz bestimmte Pflanzen angewiesen sind.

Auch im eigenen Garten wollen immer mehr Menschen vor allem den Bienen helfen, und das ist ein gutes Zeichen. Allerdings gibt es ein großes Informationsdefizit darüber, wie das richtig geht. Ein erster Schritt wäre, sich klarzumachen, dass die Geschmäcker von Menschen und Bienen sehr unterschiedlich sind: Die beim Menschen beliebten gefüllten Blüten mancher Rosen-, Geranien- und Daliensorten etwa haben keine oder nur noch wenige Staubgefäße und sind für Insekten daher wenig hilfreich. Besonders gemein sind Forsythien. Menschen gelten sie als Boten des Frühlings. Auch Bienen fallen die gelben Blüten in der sonst noch graubraunen Landschaft sofort auf. Sie fliegen hin und suchen und suchen - doch die schönen Blüten haben weder Pollen noch Nektar. Aus Sicht der Insekten der blanke Horror. Und aus Sicht des Artenschutzes sowieso.

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