Artenschutz:Finger weg von der Antarktis!

Eisberg im Weddellmeer

Eisberg im Weddell-Meer

(Foto: dpa)

Die EU und 24 Staaten verhandeln über Schutzgebiete im Südpolarmeer. Dagegen spricht kein einziges vernünftiges Argument - sondern nur Geiz, Streit und Gier.

Kommentar von Marlene Weiß

Das Weddell-Meer im Nordwesten der Antarktis ist so etwas wie der Kühlschrank der Meere: Gut gefüllt mit Krill und anderen Leckereien und eiskalt. In einem immer wärmeren Ozean ist die Region ein Rückzugsgebiet für Arten, die vor den steigenden Temperaturen fliehen. Der Antarktische Silberfisch lebt dort, Wale, Robben, Kaiserpinguine und Sturmvögel. Selbst am Meeresboden sind unzählige Schwamm-Arten heimisch. Im Winter sind drei Viertel des Weddell-Meeres mit Eis bedeckt, das Gebiet ist schwer schiffbar und darum bislang weitgehend unberührt geblieben.

Aber ob das so bleibt, ist ungewiss. Dieser Tage wird im australischen Hobart über die Zukunft der Region diskutiert: Dort treffen sich die Mitglieder der internationalen Antarktis-Schutzkommission CCAMLR, 24 Staaten und die EU. Wie jedes Jahr werden sie auch über neue Schutzgebiete verhandeln, und wie jedes Jahr kann man hoffen, dass es endlich klappt. Möglich ist es. Aber zu oft schon lief es wie im Silvester-Klassiker "Dinner for One", in dem der besoffene Butler immer wieder über das dämliche Tigerfell stolpert, statt dass es einfach mal jemand aus dem Weg räumt.

Wird der besoffene Butler wieder über das Tigerfell stolpern, oder räumt es jemand weg?

Zwei Vorschläge für neue Schutzgebiete stehen seit Jahren im Raum, sie lägen in der Ostantarktis und im Rossmeer. Dort soll unter anderem die Fischerei eingeschränkt oder verboten werden. Nun kommt mit dem Weddell-Meer ein dritter fundierter Vorschlag hinzu, ausgearbeitet in Deutschland, eingereicht von der EU. Es wäre das größte Meeresschutzgebiet der Welt, etwa viermal so groß wie die Ostsee.

Aber die Chance, dass dieser Vorschlag auf Anhieb Erfolg hat, ist gering. Bislang ist nur eine einzige kleine Region am äußersten Zipfel der Antarktis geschützt. 2013 gab es eine Sondersitzung der CCAMLR in Bremerhaven, um ein neues Schutzgebiet festzulegen. Doch dann zweifelte Russland die Zuständigkeit der Antarktis-Kommission an. Da die Beschlüsse einstimmig gefasst werden müssen, endeten damit die Verhandlungen.

In diesem Jahr hat sich Russland erstaunlich offen für einen Kompromiss gezeigt. Dafür kamen plötzlich andere mit dem Vorschlag, ein Schutzgebiet zu schaffen, dessen Status nach 20 oder 30 Jahren ausläuft. Das widerspricht jedem Konzept von nachhaltigem Naturschutz. Es wäre armselig, wenn sich die Staaten auch diesmal nicht durchringen könnten, wenigstens einen Teil des Südpolarmeers in Ruhe zu lassen, und zwar für immer. Dagegen steht kein einziges vernünftiges Argument, sondern nur Geiz, Streitereien und Gier. Der Mensch hat in der Antarktis wenig zu finden. Und nichts zu suchen.

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