Arktis:Erstmals durchquert ein Tanker die Arktis ohne Eisbrecher

FILE PHOTO: Ice-breaking tanker Christophe de Margerie is docked in Arctic port of Sabetta

Die Christophe de Margerie ist Tanker und Eisbrecher zugleich. In der Arktis pflügte sie sich durch 1,2 Meter dickes Eis.

(Foto: REUTERS)
  • Durch den Klimawandel geht die Eisbedeckung in der Arktis zurück. Das öffnet Möglichkeiten für die Schifffahrt.
  • Erstmals hat nun ein russischer Tanker das Nordpolarmeer ohne einen Eisbrecher durchquert. In sechseinhalb Tagen umfuhr er Sibirien.
  • Der Seeweg zwischen Europa und Asien verkürzt sich um bis zu 10 000 Kilometer.
  • Umweltschützer warnen vor potentiellen Ölkatastrophen.

Von Jonathan Ponstingl

Ein russischer Flüssiggastanker hat das arktische Eismeer in Rekordzeit durchquert. Wie die Betreibergesellschaft Sovcomflot mitteilte, benötigte er für die Fahrt von Norwegen nach Südkorea nur 19 Tage und fuhr dabei ohne Eisbrecher. Die Überfahrt ist ein Meilenstein bei der Öffnung der Arktis für die Schifffahrt.

Die Christophe de Margerie transportierte Flüssiggas (LNG) von Hammerfest in Norwegen bis nach Boryeong in Südkorea. Sibirien umfuhr sie in sechseinhalb Tagen, so schnell wie kein anderes Schiff zuvor. Die Seeroute ist ein Teil der Nordostpassage durch die Arktis. Für gewöhnlich ist sie nur zwei bis vier Monate im Jahr eisfrei. Dementsprechend schwerfällig war die Fahrt bislang. Kommerzielle Schiffe benötigten einen Eisbrecher als Begleitschiff, um das arktische Eismeer sicher zu durchqueren.

Der russische Konzern Sovcomflot baute nun ein Schiff eigens für die Passage der Arktis. Die Christophe de Margerie ist Tanker und Eisbrecher zugleich, bei der Jungfernfahrt zerbrach sie bis zu 1,2 Meter dickes Eis. Sie öffnet damit das Zeitfenster für eine Durchquerung des arktischen Eismeeres für das ganze Jahr. Durch den Klimawandel zieht sich die Eisbedeckung allmählich zurück.

Umweltschützer fürchten eine Ölkatastrophe

Das Flüssiggas auf dem Tanker stammt aus sibirischen Gasfeldern. Über ein Flüssiggasterminal auf der Halbinsel Jamal lädt Sovcomflot das LNG auf die Schiffe. Bis zu 15 weitere Tanker möchte der Konzern bauen und die Route durch das arktische Eismeer kommerziell nutzen. Je nach Ausgangshafen verkürzt sich der Seeweg durch die Nordostpassage um bis zu 10 000 Kilometer im Vergleich zur südlichen Strecke durch den Suezkanal.

Umweltschützer prangern das hohe Risiko einer Durchquerung des Nordpolarmeeres an. Das Ökosystem dort ist höchst sensibel. Die Auswirkungen einer Ölkatastrophe wären verheerend, die Möglichkeiten zur Eindämmung gering. Hilfswerke haben weder die nötige Technik noch die Expertise um ein eisbedecktes Meer von Öl zu befreien. Auch Seenotrettung ist nicht unmittelbar zu erwarten. Gerät ein Schiff in der Arktis in Bedrängnis, ist es zunächst auf sich allein gestellt. Ein erhöhtes Schiffsaufkommen bedeutet zudem mehr Schadstoffe wie Dieselabgase in der Region.

Bill Spears, Sprecher von Sovcomflot, sagte hingegen der britischen Zeitung The Guardian, die Christophe de Marerie könne auch mit dem geladenen Flüssiggas betrieben werden. Dadurch reduziere sie ihre Emissionen von Schwefeloxiden und Distickstoffoxiden.

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