SZ-Klimakolumne:Die Arktis taut, doch politisch herrscht Eiszeit

SZ-Klimakolumne: Eisberge brechen von einem Gletscher in einen grönländischen Fjord. Die Arktis könnte schon viel früher eisfrei sein als bislang vermutet.

Eisberge brechen von einem Gletscher in einen grönländischen Fjord. Die Arktis könnte schon viel früher eisfrei sein als bislang vermutet.

(Foto: David Goldman/dpa)

Schon in den 2030er Jahren könnte die Arktis zeitweise eisfrei sein. Da bräuchte es Anrainer, die miteinander kooperieren - doch gerade passiert das Gegenteil.

Von Christoph von Eichhorn

In Europa entfaltet sich wohl gerade eine der schlimmsten Umweltkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte: Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine sind 42 000 Menschen von Überschwemmungen bedroht, Schadstoffe gelangen auf Felder und ins Meer. Landwirte in der Region sind auf Wasser aus dem Stausee angewiesen, der nun rapide abläuft. Daher drohen den Menschen am Unterlauf des Dnepr und auf der Krim wohl langfristig Engpässe in der Wasserversorgung.

Bei all diesen Verheerungen (mehr zur aktuellen Entwicklung in der Ukraine in unserem Liveblog) ist es verständlich, dass die Nachrichten von einer anderen Umweltkatastrophe diese Woche eher unter dem Radar geblieben sind. Wie eine aktuelle Studie zeigt, könnte die Arktis schon ab den 2030er Jahren im Sommer regelmäßig eisfrei sein - und zwar im September, wenn das Meereis üblicherweise seine geringste Ausdehnung erreicht. "Wir können es nicht mehr verhindern, dass das Meereis im September verschwindet", sagte der Klimaforscher Dirk Notz meinem Kollegen Benjamin von Brackel. Warum an dieser Entwicklung wohl nicht einmal ambitionierter Klimaschutz etwas ändern kann, lesen Sie in seiner Analyse (SZ Plus).

Angesichts der rasanten Veränderungen bräuchte die Arktis dringend Schutz, die Anrainer müssten die Region in Ruhe lassen und darüber sprechen, wie die Ökosysteme am besten bewahrt werden können. Doch gerade geschieht das Gegenteil, im Arktischen Rat herrscht politische Eiszeit. Dieses Gremium wurde einst eingerichtet, um die Arktis zu einer Zone des Friedens und der Kooperation zu machen. Doch letztes Jahr haben alle übrigen Mitglieder des Arktischen Rats die Zusammenarbeit mit Russland aufgekündigt. Und das Putin-Regime forciert mit seiner neuen Arktis-Strategie ungeniert eigene geopolitische Interessen, wie Skandinavien-Korrespondent Alex Rühle erklärt (SZ Plus).

Was an den Polen passiert, geht aber die ganze Menschheit an. Das zeigt nicht zuletzt der Thwaites-Gletscher in der Antarktis. Was sein Schmelzen für die Bewohnbarkeit der Erde bedeuten würde, haben die Autoren Christof Gertsch und Mikael Krogerus Anfang des Jahres in diesem sehr lesenswerten Text beschrieben (SZ Plus).

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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