Arktis:Ein Refugium für den Eisbär

Das Schicksal der Eisbären ist noch nicht besiegelt. Sie zu bewahren erfordert aber erhebliche Anstrengungen, mahnen zwei Forschergruppen.

Ute Kehse

Eisbären gelten längst als Symboltiere des Klimawandels, weil die Erwärmung ihren Lebensraum dahinschmelzen lässt. Ihr Schicksal sei zwar keinesfalls besiegelt, sie zu bewahren erfordere aber erhebliche Anstrengungen, mahnen jetzt zwei Forschergruppen.

Lebensraum der Eisbären Eisbär

Der Lebensraum der Eisbären ist in Gefahr.

(Foto: SZ-Graphik, Quelle: Nature/C.Bitz)

Die eine hat eine arktische Region ausgemacht, in der das Packeis erhalten bleiben könnte, wenn es woanders schon regelmäßig im Sommer wegschmilzt. Diese Zone könnte den Eisbären als Refugium dienen. Sie zu schützen, erfordere eine globale Strategie, sagt Stephanie Pfirman vom Barnard College in New York vor ihrer Präsentation am heutigen Donnerstag in San Francisco auf der Tagung der American Geophysical Union (AGU).

Ein Team um Steven Amstrup vom US Geological Survey liefert eine weitere positive Erkenntnis: Wird der Treibhausgas-Ausstoß deutlich reduziert, lasse sich das Meereis entgegen früherer Aussagen auf Dauer bewahren (Nature, Bd.468, S.955, 2010).

Das Refugium der Eisbären liegt in den Wirtschaftszonen vor den nördlichen Küsten Grönlands und Kanadas. Schon jetzt ist dort das älteste Eis der Arktis zu finden, teilweise schiebt es sich zu zwölf Meter dicken Paketen übereinander. Die Region ist eine Art Sackgasse für die Schollen.

"Das Eis entsteht nicht nur dort, sondern auch im zentralen Arktischen Ozean und den Wirtschaftszonen Russlands und der USA", sagt Pfirmans Mitstreiter Robert Newton von der Columbia University. Die Strömungen treiben es aus Sibirien und Alaska nach Kanada und Grönland. "Dort ist dann Endstation", sagt Newton.

Wer also neue Schiffsrouten plane oder Ölbohr-Lizenzen vergebe, sollte die Zusammenhänge kennen, sagen die Forscher: Wirtschaftliche Aktivitäten auf einer Seite der Arktis könnten den Rückzugsraum für Tiere auf der anderen Seite gefährden. Erste Gespräche zwischen Umweltverbänden und den Anrainerstaaten der Arktis über ein mögliches Meereis-Schutzgebiet seien im Gange.

Eine Verminderung des globalen CO2-Ausstoßes würde den Eisbären zusätzlich helfen, schreibt Steven Amstrup. Sein Team hatte 2007 eine Prognose veröffentlicht, wonach die Zahl der Eisbären von heute 22.000 bis zum Jahr 2050 um zwei Drittel sinken könnte. Die Tiere verhungern im Sommer, wenn sie nicht auf dem Eis jagen können. Bei dieser Prognose hatten die Forscher steigende CO2-Emissionen angenommen. Nun präsentieren sie Szenarien, in denen der Ausstoß stagniert oder sinkt: Dann bliebe genug Eis intakt, um das Überleben der Bären zu sichern.

Einige frühere Rechnungen hatten zudem sogenannte Kipp-Punkte gezeigt; bei deren Überschreiten ließe sich das Tauen nicht mehr stoppen. Die Forscher fürchteten eine positive Rückkopplung: Da Wasser mehr Sonnenwärme absorbiert als Eis, beschleunigen die freiwerdenden Meeresflächen das Schmelzen noch. Den neuen Rechnungen zufolge führt dieses Phänomen aber nicht zu einem unbeherrschbaren Eisverlust.

Dennoch gerät das ökologische Gleichgewicht der Arktis womöglich durcheinander, warnte Brendan Kelly von der US-Wetterbehörde Noaa auf der AGU-Tagung: "Bislang stabile Beziehungen zwischen Räubern und Beutetieren könnten zusammenbrechen." Sein Untersuchungsobjekt, die Ringelrobbe, baut für seine Jungen Höhlen in dicke Schneeschichten. Genügend Niederschlag jedoch wird voraussichtlich in Zukunft nur noch in einem kleinen Teil der Arktis fallen: Nördlich des kanadischen Archipels - wo besonders viele Eisbären durch ihr Refugium streifen.

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