ARD-Themenabend:Gespielte Enthüllung

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Günther Kompalla (Heiner Lauterbach) und Interpol-Agentin Juliette Pribeau (Julia Koschitz). (Foto: BR/diwafilm GmbH)

Das Thema ist heikel, und der Regisseur Daniel Harrich hat gut recherchiert. Doch als Spielfilm wird Pillenfälschung zur holzschnittartigen Seifenoper.

Von Katharina Riehl

Den Satz, der das Prinzip Daniel Harrich erklären soll, blendet die ARD ganz am Ende ein, in Weiß auf Schwarz. Das Gesehene, heißt es kurz vor dem Abspann, beruhe zwar auf aktuellen Recherchen - ein Dokumentarfilm sei "Gift" aber nicht. Und: "Die Namen der im Film handelnden Personen und deren Handlungen sowie Lebensumstände sind frei erfunden."

Daniel Harrich, 33, Regisseur, Produzent und Autor, hat sich im deutschen Fernsehen ein eigenes und sehr erfolgreiches Genre geschaffen. Harrich macht Spielfilme, die auf investigativen Recherchen beruhen - angefangen hat er mit "Der blinde Fleck" über das Oktoberfest-Attentat, in dem noch reale Personen als Figuren auftraten. 2015 folgte dann "Meister des Todes" über Waffenexporte nach Mexiko, der ganz ähnlich funktionierte wie jetzt "Gift": Das reale Thema der Recherche wird in einem erfundenen Plot konsumierbar gemacht. Das Konzept könnte kaum besser passen zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen, denn Harrich macht Journalismus im Hauptabendprogramm sendbar. Dass die ARD ein Thema wie gefälschte Medikamente als Doku um 20.15 Uhr ins Programm nehmen würde, ist bei aller Brisanz eher unwahrscheinlich. Auch Harrichs Dokumentationen laufen am späteren Abend, nach den Spielfilmen.

Die wertvollen Erkenntnisse hätten eine weniger schematische Darstellung vertragen

Erzählt wird in "Gift" die Geschichte der tapferen Interpolermittlerin Juliette Pribeau (Julia Koschitz), die sich im Kampf gegen das Unrecht von ihrer kleinen Tochter entfremdet hat. Von seiner großen Tochter entfremdet hat sich derweil Günther Kompalla (Heiner Lauterbach), der sein Geld mit dubiosen Pharmageschäften verdient, während sein idealistisches Kind, eine junge Ärztin, in Indien verzweifelten Menschen das Leben rettet. Dann wird bei Kompalla Krebs diagnostiziert und seine Firma von den Behörden ins Visier genommen, doch eine eiskalte, wunderschöne Wissenschaftlerin (Maria Furtwängler) torpediert die Ermittlungen. Gut und Böse sind in diesem als Pharma-Krimi inszeniertem Film stets unzweifelhaft zu unterscheiden.

Bei aller gesellschaftlichen Relevanz der Recherche: Als Spielfilm ist "Gift" schlimmes Seifenoper-TV. Der gewünschte Lerneffekt wird durch große Emotionen verstärkt (weinende Kinder, sterbende Mütter). Harrichs wertvolle Erkenntnisse hätten wohl auch eine weniger schematische Darstellung vertragen. Jede Figur ist hier so grob geschnitzt, dass man dem Filmemacher zugutehalten muss, dass er einen so prominenten Cast für sich gewinnen konnte; Heiner Lauterbach ist schon zum dritten Mal bei Harrich dabei.

Für sein Projekt zum Waffenhandel hat Daniel Harrich im vergangenen Jahr den Grimme-Preis gewonnen. Allerdings nicht für den Spielfilm, für die danach gezeigte Dokumentation.

Gift , ARD, 20.15 Uhr; Gefährliche Medikamente - gepanscht, gestreckt, gefälscht , 21.45 Uhr.

© SZ vom 17.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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