Süddeutsche Zeitung

Archäologisches Museum in Frankfurt:Gefährliches Pflaster - Kriminalität im Römischen Reich

"Es gab ja keine Zeit, in der solche Dinge nicht geschahen", resignierte schon der römische Historiker Cassius Dio. Denn schon bei den Römern wurde gestohlen, betrogen und gemordet. Eine Ausstellung in Frankfurt widmet sich jetzt diesen Kriminellen - und ihren Opfern.

Gegen ihren Mörder hatte die junge Frau keine Chance. Mit einem Knüppel wurde die 25- bis 30-Jährige erschlagen, der erste Schlag war tödlich. Auch der Mann an ihrer Seite und ihr kleines Kind wurden ermordet, die drei geschundenen Leichen in einen Brunnenschacht mit Bautrümmern und Küchenabfällen geworfen.

Die Frau starb vor 1800 Jahren in der damaligen Römerstadt Nida, dem heutigen Frankfurt-Heddernheim. Ihr rekonstruiertes Gesicht ist nur eines der Objekte, mit denen das Archäologische Museum in Frankfurt derzeit an die Kriminalität im Römischen Reich erinnert.

Denn für Archäologen und Historiker ist natürlich klar: Mord und Totschlag, Diebstahl und Einbruch - ging es um Kriminalität und Verbrechen, so war den Römern nichts fremd. Da wurde entführt, gestohlen, gemordet und geraubt. Den Tätern widmet sich die Ausstellung "Gefährliches Pflaster" ebenso wie denen, die sich zur Wehr setzten.

"Vor 2000 Jahren mochten die Menschen dem mächtigsten Reich angehören, das die Alte Welt bis dahin kannte. Wirklich sicher konnten sie sich dennoch nicht fühlen", sagte Kurator Peter Fasold am Freitag vor der offiziellen Eröffnung. Der Alltag reichte vom gestohlenen Pferd über das Falsch-Spiel bis hin zu Mord und Totschlag. Was die Archäologie nicht zu erschließen vermag, das überliefern die Papierquellen aus dem römischen Ägypten, die zahlreiche Strafanzeigen dokumentieren.

Todesstrafe für Geldfälscher

Auch Grabsteine zeugen von Verbrechen. "Erschlagen von Räubern" ist da zu lesen oder auch vom Schicksal des Marcus Terentius, der von seinem Sklaven getötet wurde, bevor dieser sich im Main ertränkte. Mit kleinen "Fluchtäfelchen" aus Blei setzen Opfer auf Magie und hielten die Taten für Götter und Nachwelt fest - ebenso wie die Verwünschungen, die sie für die Diebe, Betrüger oder Mörder einritzten. In der Hoffnung, dass die Übeltäter von Göttern bestraft würden, verwünscht eine der Tafeln zum Beispiel "Gemella, welche meine Fibeln gestohlen hat [...], so dass kein Teil von ihr mehr gesund sei...".

In einer rekonstruierten Fälscherwerkstatt zeigt die Ausstellung Prägestempel, Schrötlinge und täuschend echt gefälschte Silberdenare. Für den römischen Staat war das Delikt besonders schwerwiegend und stand unter Todesstrafe. Auch wer gefälschte Münzen besaß, lebte gefährlich. Nicht wesentlich besser erging es allerdings Dieben oder Schlägern, denn eine heute übliche Haftstrafe existierte nicht, oft mussten Verbrecher Schadenersatz zahlen, sie wurden geschlagen oder endeten als Sklaven, im Bergwerk, am Kreuz oder sie wurden wilden Tieren im Amphitheater zum Fraß vorgeworfen.

Wer bestohlen, betrogen oder verletzt wurde, musste sich bei den Römern selbst helfen. "Eine Polizei oder eine Staatsanwaltschaft, wie wir sie kennen, gab es nicht", erklärte Fasold. "Wer einen Diebstahl aufklären und den Schuldigen vor Gericht bringen wollte, der war auf sich allein gestellt." Opfer mussten selbst Anklage beim Statthalter einlegen und die Sache dann auch selbst vor Gericht vertreten. Frauen und Sklaven waren vom Recht ausgeschlossen.

Um sich zu schützen, sicherten die Menschen Haustüren, Truhen und Kästchen mit Schlössern aller Art. Tausende gefundene Schlüssel, von denen einige Exemplare in der Ausstellung zu sehen sind, belegen das. Wer das nötige Geld hatte, schaffte sich einen Wachhund an, verrammelte die Türen und sicherte die Fenster mit stacheligen Eisengittern.

Zusammengestellt wurde die Ausstellung maßgeblich vom RömerMuseum in Xanten, wo sie vor zwei Jahren auch bereits zu sehen war. Das Frankfurter Museum hat Verbrechen aus der Region in den Mittelpunkt gestellt.

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dpa/Martin Oversohl/lala
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