Süddeutsche Zeitung

Archäologie:Römisches Bad im Schaufenster

In Aachen wurde vor neun Jahren ein römisches Badebecken entdeckt - und bis auf ein Teilstück abgerissen. Nun wird der Rest im Schaufenster eines Buchladens ausgestellt.

Vor neun Jahren haben Archäologen in Aachen einen für Experten hochinteressanten Fund gemacht: Bei Bauarbeiten zur Erweiterung eines Buchladens fanden sie das mächtige Fundament eines römischen Badebeckens. Doch dann folgte ein "archäologischer Sündenfall", der eine Welle der Empörung auslöste: Die Stadt entschied, nur ein Stück des halbrunden Beckenrandes zu sichern, der Rest des Beckens wurde abgerissen.

Das gerettete Teilstück lag jahrelang im Hof, da man keinen passenden Platz fand. Jetzt erfolgt der Versuch einer Wiedergutmachung: Der Buchhändler zeigt ein knapp 20 Tonnen schweres Teilstück des Beckens im Schaufenster seines Geschäfts. Die Stadt Aachen hat als Konsequenz des Falles inzwischen einen Stadtarchäologen angestellt. Dieser sorgt nun zusammen mit der Aachener Universität RWTH dafür, dass sich die Betrachter das mächtige Mauerwerk im Schaufenster des Buchladens im Zusammenhang mit der damals imposanten römischen Badeanstalt vorstellen können: Die Wissenschaftler erstellten eine dreidimensionale Animation von dem Bauwerk.

Nach jüngeren Erkenntnissen haben die Römer in Aachens Stadtgeschichte eine große Rolle gespielt. Der Ort war für sie wegen der heißen Quellen attraktiv. Die Römer - nicht etwa erst Karl der Große - gaben demnach Aachen die ersten städtischen Anlagen. Interessant ist das Becken für Fachleute wegen seiner durchdachten Technik. Zwischen Mauerwerk und Beckenwand bauten sie zur Isolation Dachziegel ein, damit das Wasser aus den heißen Quellen nicht so schnell abkühlte, wie Stadtarchäologe Andreas Schaub sagte. Rätselhaft bleiben die Löcher im Becken. Die Idee vom römischen Whirlpool habe man schnell verworfen, sagte Schaub.

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