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Archäologie:Ötzis letztes Mahl

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In den letzten Tagen vor seinem Tod hat Ötzi Steinbock, Hirsch und Getreide gegessen und dabei reichlich Fett verzehrt. Das schließt ein internationales Forscherteam aus der Analyse seines Mageninhalts. Der Gletschermann habe das Fleisch roh oder vielleicht getrocknet gegessen, es sei aber nicht stark erhitzt worden, schreiben die Forscher um Frank Maixner vom Institut für Mumienforschung im italienischen Bozen im Fachblatt Current Biology. Maixner geht davon aus, dass Steinbock und Hirsch regelmäßig auf Ötzis Speiseplan standen.

Der Mageninhalt war bislang - im Gegensatz zum Darm - nicht eingehend analysiert worden. Der Magen hatte sich bei der Mumifizierung verschoben und war erst 2009 bei Nachuntersuchungen entdeckt worden. Auffällig ist den Forschern zufolge vor allem, dass Fett etwa die Hälfte des Mageninhalts stellte. So habe Ötzi die nötige Energie für Wanderungen in großer Höhe aufnehmen können, schreiben sie.

"Die hohe und kalte Umgebung ist für den Körper besonders fordernd und erfordert eine optimale Nährstoffversorgung, um schnell einsetzenden Hunger und Energieverlust zu vermeiden", wird Studienleiter Albert Zink in einer Mitteilung der Zeitschrift zitiert. "Der Eismann war sich anscheinend völlig bewusst, dass Fett eine vorzügliche Energiequelle ist."

Ob es sich bei dem Hirsch um Fleisch oder um Innereien handelte, blieb dagegen unklar. Die verzehrten Körner waren demnach Einkorn, eine frühe Form von domestiziertem Getreide. Zudem enthielt der Magen Spuren eines giftigen Farns. Möglicherweise habe er dies versehentlich aufgenommen oder damit auch Magenprobleme behandeln wollen, so das Team. 2016 hatte das Team herausgefunden, dass Ötzi mit einer aggressiven Variante des Magenkeims Helicobacter pylori infiziert war. Heutzutage trägt etwa die Hälfte aller Menschen das Magenbakterium, das Entzündungen, Magengeschwüre und Krebs verursachen kann. Ötzi lebte vor 5300 Jahren und wurde hinterrücks mit einem Pfeil niedergestreckt.

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Quelle:
SZ vom 13.07.2018 / dpa
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