Archäologie:Kolumbien jubelt über Entdeckung eines legendären Schiffswracks

  • Vor Kolumbien soll die Galeone San José gefunden worden sein.
  • Das spanische Schiff war 1708 gesunken - mit zehn Millionen Gold- und Silbermünzen an Bord.
  • Es ist nicht das erste Mal, dass die Entdeckung des Wracks verkündet wird. In der Vergangenheit war ein Rechtsstreit darum entbrannt, wer welchen Anteil des Schatzes bekommt.

Von Esther Widmann

Am 8. Juni 1708 greift die britische Marine in der Karibik eine spanische Galeone an, die San José. An Bord hat sie um die zehn Millionen Gold- und Silbermünzen aus dem spanischen Vizekönigreich Peru. Die Briten unter Admiral Charles Wager wollen nicht nur verhindern, dass diese Unmengen von Geld im spanischen Erbfolgekrieg die Gegner der Briten finanzieren könnten. Sie hätten das Gold auch gerne selbst.

Doch daraus wird nichts. Nach einer heftigen Seeschlacht explodiert die San José plötzlich. Fast 600 Besatzungsmitglieder und mit ihnen die zehn Millionen Pesos versinken auf dem Meeresgrund.

Der Präsident twittert eine Entdeckung

Dort liegen sie immer noch. Nur wo genau, wusste 308 Jahre lang niemand. Am Freitag jedoch verkündete der Staatspräsident von Kolumbien, Juan Manuel Santos, auf Twitter: "Große Neuigkeit! Wir haben die Galeone San José gefunden!" Jahrzehntelang hatten private Schatzsucher sich bemüht, diesen "Heiligen Gral der Schiffswracks" aufzuspüren. Jetzt soll es Experten vom Kolumbianischen Institut für Anthropologie und Geschichte, der kolumbianischen Armada und der Meeresaufsicht gelungen sein.

Das Wrack sei anhand seiner einzigartigen Bronzekanonen mit eingravierten Delfinen eindeutig identifiziert, und auch die Ladung - oder das, was bisher von ihr gefunden wurde - sprächen dafür, dass es sich um die San José handele. "Die Menge und die Art des Materials lassen keinen Zweifel an der Identität", sagte Ernesto Montenegro, der Leiter des Kolumbianischen Instituts für Anthropologie und Geschichte.

Am Samstag präsentierte Präsident Santos gemeinsam mit den Experten in der Hafenstadt Cartagena die bisherigen Erkenntnisse. Das Wrack entdeckten sie demnach am 27. November an einer Stelle, an der es zuvor nicht vermutet worden war. Dass es dort liegen könnte, hatten die Forscher durch Hinweise in spanischen und kolumbianischen Archiven herausgefunden: Sie rekonstruierten die Winde und Strömungen, die vor 307 Jahren in der Region herrschten.

Archaeological site of Spanish galleon San Jose

Undatiertes Foto von Keramikgefäßen auf dem Meeresgrund, die zur San José gehören sollen.

(Foto: Colombia Ministry Of Culture/dpa)

Der Wert des Fundes ist noch offen

Im Zuge der Suche nach der San José fand das Team noch mindestens fünf weitere Schiffswracks. Bereits im Jahr 1981 hatte auch das private Unternehmen Sea Search Armada gemeldet, ein Wrack geortet zu haben - angeblich die San José. Kolumbien hatte jedoch nie bestätigt, dass es sich um die fragliche Galeone handelte. In der Folge entbrannte ein jahrzehntelanger Rechtsstreit mit dem Staat Kolumbien um die Aufteilung des möglichen Goldfundes. Ein früheres Gesetz gestand dem Finder die Hälfte zu, ein späteres nur noch fünf Prozent. Im Jahr 2011 entschied ein US-amerikanisches Gericht, dass das Wrack dem Staat Kolumbien gehöre. Es ist außerdem seit 2009 durch die Unesco-Konvention zum Schutz von Kulturerbe unter Wasser geschützt. Weder die Unesco noch das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen regeln jedoch, ob der ehemalige Eigentümer eines unter Wasser gefundenen Objektes - in Fall der San José also Spanien - Ansprüche auf Herausgabe geltend machen kann.

Sea Search Armada schätzte im Jahr 2010 den Wert des Edelmetalls an Bord der San José auf zwischen vier und siebzehn Milliarden Dollar. Ob das zutrifft - und ob es sich bei dem jetzt gefundenen Wrack tatsächlich um die San José handelt -, ist nach wie vor unklar, denn präsentiert haben die Finder davon bisher nichts. Präsident Santos verkündete, es handle sich um einen der "wertvollsten unter Wasser liegenden Schätze, der in der Geschichte der Menschheit gefunden wurde".

Doch der Wert von Kulturerbe bemisst sich nicht in Gold, Silber oder Dollars, sondern in dem, was es uns über das Leben der Menschen in der Vergangenheit erzählt. Ein paar Münzen aus dem Jahr 1708 dürften da keine große Rolle spielen.

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