Apps:Sport nach Zahlen

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Wie viele Schritte sind getan? Kurzfristig mag die elektronische Unterstützung funktionieren, langfristig hilft laut Experten eher Freude an der Bewegung.

(Foto: Kiyoshi Ota/Bloomberg)

Es gibt zahlreiche Apps, mit denen man sein persönliches Trainingsprogramm gestalten kann. Mehr Gesundheit garantiert das aber nicht.

Von Johanna Pfund

Es ist nur eine App, nichts weiter als eine Ansammlung von Zahlen, ein kleines Icon auf dem Display des Smartphones. Doch Sports Tracker, eine App für Android-Geräte, scheint ungehalten zu sein. Die Begrüßung fällt kühl aus: "Diese Woche, 0 h, 0 min, noch fünf Tage." Oh, oh! Noch fünf Tage, um Sport zu treiben, um Kalorien zu verbrennen, um die Fitness zu steigern und das ewige Sitzen im Büro mit Bewegung auszugleichen. Doch das Leben mit der App macht nicht alles besser.

Das Prinzip Belohnung funktioniert auch bei Sport-Apps

Früher, in einem Leben vor der App regierte das Gefühl. Jetzt regiert die Datensammlung. Unerbittlich notiert sie, wie viele Kilometer und Höhenmeter man zu Fuß, auf dem Fahrrad, auf Langlaufskiern oder welchem Sportgerät auch immer man tatsächlich zurückgelegt hat - vorausgesetzt, die App ist eingeschaltet. Sie ist immer öfter eingeschaltet, denn das Prinzip des Lobes funktioniert auch hier. Also wird gesportelt, und die Begrüßung fällt dann wesentlich freundlicher aus: "Diese Woche 5 h, 45 min". Schon viel besser. Außerdem stachelt die App auch den Ehrgeiz an, sich und den registrierten Freunden, mit denen man die Workouts nach getaner Arbeit teilen kann, etwas zu beweisen.

Sports Tracker ist eine von vielen Apps, mit denen man seine sportlichen Aktivitäten dokumentieren und steuern kann. Für das iPhone stehen etwa Runtastic oder Runkeeper zur Verfügung, es gibt Anwendungen mit so schönen Namen wie Sportypal, Fitbit, Run the Map oder Bones in Motion. Also, eine Vielzahl für die verschiedenen Betriebssysteme, die je nach Geschmack zum persönlichen Trainer erhoben werden. Wer auf ein oft unhandliches Smartphone verzichten will, kann eine Smartwatch verwenden, einfach am Handgelenk zu tragen, mit einer Smartphone-App zu kombinieren - und ebenso streng wie die anderen Sport-Apps. Versprechen tun sie alle Ähnliches: Nämlich, dass man sportlicher wird, damit auch gesünder.

Das ist aber nicht unbedingt der Fall. Mit dem Phänomen Sport-Apps hat sich Jens Kleinert, Leiter des Psychologischen Instituts an der Deutschen Sporthochschule Köln, auseinandergesetzt. "Sport-Apps sind eine ambivalente Sache", sagt Kleinert. Zum einen seien sie durchaus eine sinnvolle Sache für Leistungssportler, die Trainingstagebuch führen und ihre Sport-Arbeit dokumentieren oder auch mit Brustgurt und Uhr gezielt in einem bestimmten Pulsbereich trainieren. Positiv zu werten seien solche Apps auch, wenn sie Freizeitsportler an ihre Vorsätze erinnerten, etwa an das Vorhaben, doch jeden zweiten Tag zum Laufen zu gehen. Bei manchen Anwendern werde auch ein wissenschaftliches Interesse geweckt, dank der technischen Spielereien, die es erlauben, absolvierte Höhenmeter oder Zeiten und Strecken dank GPS genau zu erfassen.

Ganz nett also, aber nicht zielführend, wenn es um Freude an der Bewegung geht. "Auf lange Sicht führen solche Apps nicht dazu, Spaß am Sport zu haben." Umfragen hätten ergeben, erzählt Kleinert, dass bei zehn Prozent der Anwender eine App sogar zu Problemen führt. "Sie fühlen sich kontrolliert, bei manchen entstehen Zwang und eine Orientierung hin zum Gerät." Sein Tipp. "Man sollte gezielt Pausen machen von der Watch oder der App. Denn wenn man ständig auf die Uhr guckt, ist das ein Zeichen, dass man sich zu sehr von der Technik abhängig macht."

Also doch mal ein Bergtour ohne App. Bei der es rein ums Erleben und Genießen, um die Freude an Bewegung und an der Natur geht. Wobei, ein bisschen juckt es ja schon, die Zeit der letzten Tour zu unterbieten. Auch wenn es keinen so großen Spaß macht. Kleinert nennt das Volition - der Punkt, an dem es unangenehm wird, Sport zu machen. Langfristig sinnvoll wäre seiner Ansicht nach, mit Motivation zu arbeiten. "Ich würde eher einen Freund vorziehen, der mich motiviert, als das Gerät." Denn zur Gesundheit trägt dieses nach Ansicht des Wissenschaftlers nur bei, wenn es hilft, das zu machen, was man sich vorgenommen hat - Erfolg, der die psychische Gesundheit fördert, mit Stolz auf das Erreichte. Das kann aber leicht kippen, "Wenn ich mich ständig gedrängt fühle, kann es das psychische Wohlergehen behindern." Kurzum, der Sports Tracker muss mal ausruhen.

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