Appell vor Beginn der Klimakonferenz:"Kopenhagen muss ein Wendepunkt werden"

Die Vereinten Nationen sehen gute Chancen für ein neues Klima-Abkommen, weil alle führenden Staatschefs an den Verhandlungen teilnehmen.

Michael Bauchmüller

Kurz vor Beginn der Klimakonferenz in Kopenhagen wachsen die Chancen für ein neues globales Klimaschutzabkommen. "Die Verhandler haben von den Staats- und Regierungschefs das klarste Signal aller Zeiten", sagte der Chef des Klimasekretariats der Vereinten Nationen, Yvo de Boer, am Sonntag. Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama angekündigt, er werde zu den entscheidenden Beratungen selbst anreisen.

Klimagipfel in Kopenhagen, Reuters

Die Welt blickt auf Kopenhagen: Im Zentrum der dänischen Hauptstadt hat ein Künstler verschiedene Globen zu einer Installation verarbeitet.

(Foto: Foto: Reuters)

An den Schlussverhandlungen der zweiwöchigen Konferenz, die an diesem Montag beginnt, werden mehr als 100 Staats- und Regierungschefs teilnehmen, so viele wie nie bei einer Klimakonferenz. Dies mache einen Erfolg der Konferenz wahrscheinlicher, sagte de Boer. Fast jeden Tag gingen neue Vorschläge für den Klimaschutz ein. "Kopenhagen muss ein Wendepunkt werden", sagte de Boer.

Bei der Konferenz beraten Diplomaten aus 192 Staaten über ein neues Klimaabkommen. Es soll das Kyoto-Protokoll ersetzen, das 2012 ausläuft. Erstmals sollen sich alle Industrieländer und die großen Schwellenländer zum Kampf gegen die Erderwärmung verpflichten.

Für Optimismus sorgen Obamas geänderte Pläne

Für zusätzlichen Optimismus sorgte die Entscheidung von US-Präsident Obama, seine Reise nach Kopenhagen zu verschieben. Ursprünglich wollte er schon am Mittwoch zur Klimakonferenz kommen, auf dem Weg zur Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo. Zu diesem Zeitpunkt hätte er aber nicht in die Verhandlungen eingreifen können. Stattdessen will er nun erst in der Endphase des Treffens nach Dänemark kommen.

Umweltschützer äußerten sich erleichtert über die Entscheidung. "Damit sind alle Voraussetzungen für ein historisches Weltklimaabkommen gegeben", sagte Martin Kaiser, Klimaexperte bei Greenpeace. Obama hatte zuvor deutlich gemacht, er werde nur dann zu den Schlussverhandlungen kommen, wenn es Hoffnungen auf einen Durchbruch gibt.

Unmittelbar nach der Entscheidung Washingtons kündigte auch der indische Ministerpräsident Manmohan Singh seine Teilnahme an den Verhandlungen an. Damit sind mittlerweile Staats- und Regierungschefs aller wichtigen Industrie- und Schwellenländer bei der Schlussrunde zugegen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wird an den entscheidenden Beratungen in Kopenhagen teilnehmen.

UN-Chefdiplomat de Boer appellierte an die Staaten, nicht nur über den Klimaschutz nach 2012 zu sprechen - sondern schon jetzt konkrete Schritte einzuleiten. So sollten sich die Industriestaaten verpflichten, von 2010 an jährlich zehn Milliarden Dollar für Entwicklungsländer bereitzustellen.

Zuletzt hatten vor allem afrikanische Delegierte die Befürchtung geäußert, Industrie- und Schwellenländer machten ein Klimaabkommen untereinander aus, ohne die Belange der Ärmsten zu berücksichtigen. Sie werden von steigenden Meeresspiegeln und Wetterextremen oft am stärksten getroffen, können sich aber kaum dagegen wehren.

Auch solcher Widerstand aus Entwicklungsländern könnte die Konferenz scheitern lassen. Entschlüsse kann die Konferenz nur einstimmig fassen. De Boer warnte davor, für die Unterstützung armer Staaten ausschließlich ohnehin geplante Mittel der Entwicklungshilfe "neu zu etikettieren".

Die Kritik trifft auch Deutschland: Zwar hatte der Bundestag jüngst eine deutsche "Vorreiterrolle" bei der internationalen Hilfe gefordert. Doch Mittel für den Klimaschutz sollen auf den Entwicklungshilfe-Etat angerechnet werden.

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