Anti-Aging-Diät:Weniger ist länger

Mit einer stark reduzierten Ernährung leben Rhesusaffen länger. Auch beim Menschen kann Diät-Kost wohl verjüngend wirken - doch unerwünschte Begleiterscheinungen sind nicht ausgeschlossen.

Hanno Charisius

Asketen leben möglicherweise länger als Genussmenschen. Darauf deutet ein seit 20 Jahren laufendes Experiment mit Primaten hin. 1989 wurde am Primatenforschungszentrum im US-Bundesstaat Wisconsin eine Horde von Rhesusaffen im Alter von sieben bis 14 Jahren in zwei Gruppen eingeteilt.

Anti-Aging-Diät: Reduzierte Kost, längeres Leben: Bei Rhesusaffen hat eine Diät lebensverlängernde Wirkung gezeigt.

Reduzierte Kost, längeres Leben: Bei Rhesusaffen hat eine Diät lebensverlängernde Wirkung gezeigt.

(Foto: Foto: dpa)

Die eine durfte seither fressen, was sie wollte. Die andere bekam stark reduzierte Kost: Die Tiere mussten mit 30 Prozent weniger Futter als ihre Artgenossen auskommen. Doch offenbar übt diese Zwangsdiät einen lebensverlängernden Effekt auf die Primaten aus.

Nun legen der Altersforscher Richard Weindruch von der University of Wisconsin und sein Team eine Zwischenbilanz des Experiments im Fachjournal Science (Bd. 325, S. 201, 2009) vor.

"Wir sehen deutlich, dass eine Reduzierung der aufgenommenen Nahrungsenergie das Altern von Primaten bremst", sagt der Biologe. Schmale Kost scheint außerdem Krankheiten wie Krebs, Altersdiabetes, Herz- und Kreislaufleiden sowie den Hirnabbau erheblich hinauszögern.

Die bei dieser Primatenart häufig vorkommenden Diabeteserkrankungen blieben bei den Rhesusaffen unter Kalorienkontrolle völlig aus. Auch die für Bewegung und Erinnerung zuständigen Hirnregionen blieben bis ins hohe Alter besser erhalten, als bei den Affen mit üppiger Ernährung.

Schon seit den dreißiger Jahren ist bekannt, dass Ratten länger leben, wenn man ihre Rationen einschränkt - vorausgesetzt, sie werden ausreichend mit allen lebenswichtigen Nährstoffen versorgt. Der gleiche Effekt ließ sich inzwischen auch bei so unterschiedlichen Geschöpfen wie Hefezellen, Fruchtfliegen, Würmern, Hamstern und Mäusen zeigen.

Wird das Essen knapp, verfallen die Organismen offenbar in eine Art Überdauerungszustand mit niedrigem Energieverbrauch. Warum ein Leben auf Sparflamme länger dauern kann als im Normalbetrieb, ist eines der ungelösten Rätsel der Altersforschung. Doch vieles spricht dafür, dass dieses Programm auch beim Menschen existiert.

In einer Langzeitstudie beobachteten Forscher von der Washington University in St.Louis eine Gruppe von 50 Erwachsenen, die sich seit mindestens einem Jahrzehnt kalorienreduziert ernähren. Bei ihnen konnten Ärzte ebenfalls günstigere Blutzuckerwerte finden und weniger Hinweise auf Erkrankungen des Herzens oder der Gefäße.

Ob Affen und Menschen nicht nur gesünder alt, sondern tatsächlich auch älter werden, wenn sie asketisch leben, ist aber noch unklar. "Wir sehen in der Gruppe mit normaler Futtermenge bislang mehr tote Tiere, die an typischen Altersleiden verstorben sind", sagt Weindruch, "doch ob die Lebensspanne in der anderen Gruppe deutlich wächst, werden wir wahrscheinlich erst in 15 Jahren wissen." Rhesusaffen werden durchschnittlich 27 und können bis zu 40 Jahre alt werden. Das älteste Tier im Versuch ist heute 29 Jahre alt.

Als einfaches Mittel für mehr Vitalität im Alter kann Weindruch das Kalorienzählen allerdings nicht empfehlen. Einige Male hat er selbst versucht, seine Ernährung umzustellen, es aber nie lange genug durchgehalten, um einen Effekt zu spüren.

Andere Menschen, die sich im Glauben auf den verjüngenden Effekt für den Verzicht entschieden haben, berichten in einschlägigen Internetforen über bessere Blutwerte, aber gleichzeitig über Antriebslosigkeit, Müdigkeit und den Verlust ihrer Libido. Bei den Rhesusaffen seien solche Verhaltensänderungen immerhin nicht aufgetaucht, berichtet Weindruch.

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