Was ist nicht schon alles versucht worden, um den gefährlichen Chytridpilz zu bekämpfen, der fast überall auf der Welt Frösche, Kröten und andere Amphibien befällt und mit erschreckender Geschwindigkeit dahinrafft. Auf Mallorca zum Beispiel haben Biologinnen und Biologen alle Kaulquappen der Mallorca-Geburtshelferkröte aus sämtlichen Tümpeln der Serra Tramuntana eingefangen, dem einzigen Ort auf der Welt, an dem es diese Kröte gibt. Dann ließen sie das Wasser aus den Tümpeln und schrubbten sie mit einem Fungizid aus. Die unfassbar aufwendige Aktion war erfolgreich.
Nicht weniger verrückt klingt eine Froschrettungsaktion, die ein Team um Anthony Waddle von der australischen University of Melbourne im Wissenschaftsjournal Nature vorschlägt. Die Forschenden wollen Fröschen und anderen Amphibien in freier Wildbahn Mini-Saunen bauen, in denen die Tiere eine Infektion mit dem tödlichen Pilz selbst auskurieren können.
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Die Idee dahinter: Während viele Amphibien hohe Temperaturen um die 30 Grad lieben, mag es der Pilz, der die Haut der Tiere befällt, lieber kühler. Schon ab etwa 17 Grad Celsius beginnt er sich unwohl zu fühlen und wächst langsamer. Steigt die Temperatur auf mehr als 28 Grad Celsius, stirbt er.
Um zu testen, ob Amphibien das Saunaangebot überhaupt wahrnehmen würden, legte Anthony Waddle Ziegelsteine mit großen Löchern in ein Froschgehege. Drum herum baute er eine Art Gewächshaus aus Folie. So werde es im Inneren der Ziegelsteine wärmer als in der Umgebung, schreiben die Studienautorinnen und Autoren. Nachdem die Sauna fertig war, setzte Waddle Australische Goldlaubfrösche, die mit dem Pilz infiziert waren, in das Gehege und beobachtete, was passierte.
Frösche, die sich in der Sauna selbst geheilt hatten, waren anschließend immun
Tatsächlich krochen die Frösche gerne in die warmen Ziegelstein-Löcher, schauten mit dem Kopf vorn heraus und ließen ihren kranken Körper durchwärmen. Die Sauna-Kur half – und zwar umso besser, je höher die Temperatur war. „Frösche in Gehegen, die in der Sonne lagen, hatten eine niedrigere Infektionsbelastung als Frösche in schattigen“, schreiben zwei Forschende, die an der Studie nicht beteiligt waren, in einem Begleitkommentar in Nature. Manche Goldlaubfrösche erholten sich durch die Saunagänge voll und ganz von der Pilzinfektion, die ohne Behandlung meist tödlich verläuft. In Australien gilt sie als Hauptfaktor für den starken Rückgang der Art.
Doch es kommt noch besser: In einem zweiten Experiment konnten die Forschenden zeigen, dass Frösche, die in der Sauna genesen waren, anschließend weniger anfällig für eine erneute Infektion mit dem Chytridpilz waren. „Der Ansatz hat den zusätzlichen Vorteil, dass er eine lang anhaltende Widerstandsfähigkeit gegen die Krankheit stimuliert“, schreiben die Studienautorinnen und -autoren.
Zwar räumen sie selbst ein, dass die Froschsauna nicht für alle Amphibienarten gleich gut funktionieren wird. Trotzdem ist sie viel mehr als nur eine verrückte Idee. Seit mehr als zwanzig Jahren weiß man, dass der Chytridpilz eine der Hauptursachen für das weltweite Amphibiensterben ist. Mindestens 90 Arten sind ihm bereits zum Opfer gefallen und weltweit ausgestorben. Die Froschsauna zeigt, dass es manchmal auch für große Probleme erstaunlich einfache Lösungen gibt. Man muss nur darauf kommen.