Altersbedingte Krankheiten:Affen fasten für ein langes Leben

Rhesusaffe

Der Rhesusaffe links ist auf Diät, das Tier rechts hingegen nicht

(Foto: Jeff Miller/U of Wisconsin-Madis)

Wenn Rhesusaffen sich den Bauch vollschlagen dürfen, tun sie das auch. Setzt man sie aber auf Diät, leben sie länger, berichten Forscher. Doch es gibt Zweifel am Segen des Fastens.

Von Katrin Blawat

Altwerden ist auch für Affen nicht schön. Die Haare werden dünn und grau, die Muskeln schlaff und die Falten im Gesicht zahlreicher. Andererseits - das sind Äußerlichkeiten, die ein Makake wohl gut wegstecken könnte, bliebe er nur von den ernsteren Begleiterscheinungen des Alters verschont: Diabetes. Krebs. Ein schwaches Immunsystem. Was Menschen im fortgeschrittenen Alter plagt, das trifft auch Rhesusaffen. In Gefangenschaft werden die Tiere im Durchschnitt 26 Jahre alt.

Doch lässt sich gegen die Altersleiden der Affen nicht etwas machen? Mit dieser Frage begann an der University of Wisconsin-Madison vor 25 Jahren eine Langzeitstudie mit inzwischen 76 Makaken. Die Wissenschaftler ahnten, was den Affen ein längeres Leben ohne die typischen Altersbeschwerden verschaffen könnte: weniger zu essen. Ein Viertel Jahrhundert später nun zieht das Team um Ricki Colman Bilanz (Nature Communications, online): Das Hungern lohnt sich für die Tiere. Bekamen sie 30 Prozent weniger Kalorien, als sie von sich aus gegessen hätten, hatten die Makaken zu jedem Zeitpunkt der Studie ein deutlich niedrigeres Risiko, an altersbedingten Krankheiten zu leiden und zu sterben.

Hungern, um zu leben

Dabei durften die Affen in ihrer Jugend noch so viel fressen, wie sie wollten. Erst von sieben Jahren an wurde den 38 Versuchstieren ihr Futter nach und nach rationiert, bis sie schließlich mit 30 Prozent weniger Kalorien auskommen mussten, als sie selbst gewählt hätten. Eine ebenso große Kontrollgruppe hingegen hatte stets Futter zur freien Verfügung. Das aber schien ihnen schlecht zu bekommen. So berichten die Forscher von 24 der 38 Affen der Kontrollgruppe, die einen altersbedingten Tod gestorben waren, verglichen mit nur zehn Tieren in der Fastengruppe. Hungern, um zu leben - dieses Konzept ging für die Affen in Wisconsin also auf.

Und nicht nur für sie. Anhand einer ganzen Reihe von Organismen, von der Bäckerhefe über Fadenwurm und Fliege bis zur Ratte, haben Wissenschaftler gezeigt, dass eine künstlich beschränkte Kalorienzufuhr das Leben verlängern kann, je nach Studie und Spezies immerhin um zehn bis 40 Prozent. Dabei ist noch weitgehend offen, über welche physiologischen Mechanismen das Fasten hilfreich wirkt. Plausibel ist, dass die Diät umfassend die Aktivität zahlreicher Gene und damit den Stoffwechsel dauerhaft beeinflusst.

Widersprüchliche Ergebnisse

Ungeachtet der offenen Fragen der Wissenschaftler hat die Idee, per Hungern sein Leben zu verlängern, schnell auch unter Menschen Anhänger gefunden, vor allem in den USA. Ihnen aber ruft die Wissenschaft ein lautes "Vorsicht" entgegen. Lange Zeit nämlich haben sich die offenbar segensreichen Folgen des Fastens zwar für viele Tierarten bestätigt - nicht jedoch für Primaten. Und wer weiß schon , ob deren Körper ähnlich tickt wie der eines Fadenwurms, wenn das Essen knapp wird?

Vor knapp zwei Jahren erschien dies sogar unwahrscheinlich. Damals berichteten die Leiter einer zweiten Makaken-Hunger-Studie vom National Institute of Aging (NIA) in Maryland von ihren Ergebnissen. Und kamen anhand ihrer insgesamt 120 Rhesusaffen zu dem Schluss: Die Tiere altern gleichermaßen, egal, ob sie gefastet haben oder nicht.

Wie kann das sein? Hat eine der beiden Makaken-Forschergruppen mit dem Sterberegister geschludert? Wohl kaum. Colman und seine Koautoren vermuten einen anderen Grund, nachdem sie das Gewicht und andere Daten der Affen der beiden Kontrollgruppen verglichen hatten. In der NIA-Studie hätten auch die Tiere der Kontrollgruppe nicht unbegrenzt Futter bekommen - und so unbeabsichtigt ebenfalls gefastet. Daher habe sich kein wesentlicher Unterschied zwischen der Kontroll- und der Hungergruppe finden lassen. Um diese Hypothese zu bestätigen oder zu widerlegen, wollen die beiden Forscherteams ihre jeweiligen Daten nun noch genauer abgleichen.

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