In einer kargen Hügellandschaft nördlich von Los Angeles wagt John Dabiri einen Kampf David gegen Goliath. Der Ingenieur des California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena testet hier ein neues Windparkdesign mit besonderen und besonders kleinen Windrädern. Wie Rührbesen einer Küchenmaschine stecken sie in der goldbraunen Erde.
"Wir arbeiten mit Windrädern, die um eine vertikale Achse rotieren", erklärt Dabiri. Sie sind nur zehn Meter hoch, und jedes liefert mit maximal 1200 Watt eine elektrische Leistung, die gerade für den Betrieb eines Heizlüfters ausreicht.
Mit diesen kleinen Windquirlen will der Caltech-Forscher künftig den etablierten Windparks Konkurrenz machen, auch wenn dort gut hundert Meter hohe, bis zu fünf Millionen Watt (Megawatt) starke Anlagen die Stromernte einfahren.
Mit unserem Konzept können wir mindestens zehn Mal so viel Leistung pro Fläche liefern wie konventionelle Windparks", behauptet Dabiri. Seine Idee dabei ist, sehr viele Vertikalwindräder möglichst dicht nebeneinander zu stellen. "Sie können auf weniger als fünf Meter zusammenrücken, ohne dass die Leistung leidet", berichtet er. Die Windkraftanlagen sind dabei so positioniert, dass zwei benachbarte Turbinen immer entgegengesetzt rotieren. Dann entsteht zwischen ihnen ein Sog, von dem beide profitieren.
Die Strategie funktioniert
Für einen klassischen Windpark dagegen sind Fünf-Meter-Abstände schlicht undenkbar. An Land werden sie üblicherweise rund 500 Meter weit voneinander entfernt aufgebaut; Off-Shore kann die Distanz einen Kilometer erreichen. Dichter platziert würden sich die Windradriesen gegenseitig Wind wegnehmen oder unerwünschte Turbulenzen erzeugen.
So erreicht ein moderner Park mit Sechs-Megawatt-Turbinen im besten Fall eine Leistungsdichte von gut 14 Watt je Quadratmeter. In Dabiris Testfeld kamen die ersten Anlagen auf Werte zwischen gut 20 und knapp 50 Watt je Quadratmeter.
Mit Tests an sechs vertikalen Windrädern konnte der Ingenieur zeigen, dass seine Strategie funktioniert. "Die Vertikalwindräder sind außerdem billiger zu produzieren und leichter zu warten", glaubt Dabiri. Schwere Bauteile wie Generator und Getriebe sitzen im Fuß der Anlage und nicht im Kopf wie bei den horizontalen Pendants.
Eine Mechanik, um sich in den Wind zu drehen, brauchen die Anlagen gar nicht. Außerdem sind die vertikalen Windturbinen weniger gefährlich für Vögel und, so die Vermutung des Forschers, auch für Anwohner leichter hinzunehmen.
Doch sie haben auch Mängel: Weil immer eines der Rotorblätter gegen den Wind anläuft, werden sie die Wirkungsgrade von großen Windrädern mit horizontaler Achse wohl kaum erreichen. Deren Effizienz liegt mit rund 50 Prozent schon nahe am theoretisch erreichbaren Maximum.
Außerdem können Dabiris vertikale Windmühlen aus Stabilitätsgründen bisher nicht annähernd so groß gebaut werden und deshalb auch nicht vom stärkeren Wind in der Höhe profitieren. "Das neue Windparkdesign macht diese Nachteile aber mehr als wett", beharrt der Caltech-Forscher.
Stephan Barth, Geschäftsführer des Zentrum für Windenergieforschung ForWind in Oldenburg, kann sich für das neue Windparkkonzept allerdings nicht erwärmen: "Ich bin da, gelinde gesagt, skeptisch", sagt er. Zu oft seien in den vergangenen Jahrzehnten Durchbrüche auf diesem Gebiet angekündigt worden, die sich letztlich als Windeier entpuppt hätten.
Barth zweifelt vor allem daran, dass die Methode auch dann noch funktioniert, wenn nicht nur ein paar, sondern Hunderte vertikale Windräder auf engem Raum platziert werden. "Wenn ein Windpark viel Wind schluckt, wird der Strömungswiderstand sehr hoch. Er wirkt dann wie eine Wand und der Wind strömt seitlich daran vorbei", sagt er.
Zudem sei die Fläche in Dabiris Fall komplett verloren, während das Land zwischen Windrädern klassischer Parks noch landwirtschaftlich genutzt werden könne. Auch an eine bessere Akzeptanz eines dicht gestellten, wenngleich sehr niedrigen Windparks, mag Barth nicht glauben. "Der Trend geht heute dazu, Windparks mit vielen kleinen Windrädern zu ersetzen durch wenige sehr hohe, leistungsfähigere Anlagen", berichtet er.
Dabiri lässt sich durch solche Einwände nicht beirren. Gerade prüft er, ob sein Konzept auch mit 18 Windrädern funktioniert. Die größte Herausforderung ist seiner Meinung nach ohnehin technischer Natur. "Die Zuverlässigkeit der vertikalen Windkraftanlagen muss noch besser werden", räumt er ein. "Den Entwicklungsvorsprung der etablierten Windräder müssen wir erst einmal aufholen."