Alkohol:Placebo-Effekt an der Bar

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Eine Bar schien für das Experiment amerikanischer Forscher besonders gut geeignet zu sein (Foto: Florian Peljak)
  • Forscher der amerikanischen Purdue Universität haben untersucht, ob Alkohol die Schmerzen lindert, wenn man ausgegrenzt wird.
  • Die Studie legt nahe, dass eine Art Placebo-Effekt dabei eine Rolle spielt.

Von Jan Hellmut Schwenkenbecher

Viele Menschen ziehen als soziale Wesen gerne mit Freunden los und verbringen den Abend in geselliger Runde. Wer dabei aber ausgegrenzt wird, fühlt sich schlecht. Forscher der amerikanischen Purdue Universität haben nun untersucht, ob Alkohol die negativen Gefühle in so einer Situation lindern kann. Wie sie zeigen konnten, klappt dies tatsächlich unter bestimmten Bedingungen. Allerdings komme es nur darauf an, für wie betrunken sich jemand hält - nicht wie betrunken er tatsächlich ist.

Für ihr Experiment landeten die Wissenschaftler in einer Bar. Wie die Forscher im Fachjournal Social Psychology schreiben, sei dieser Ort "besonders geeignet, da die Stammgäste natürlicherweise im Grad ihrer Alkohol-Intoxikation variieren."

Ausgeschlossen beim Cyberball

75 Barbesucher wollten spontan am Experiment teilnehmen. Die Forscher mussten jedoch vier von ihnen ausschließen, da sie "den Anweisungen nicht Folge leisteten".

Die verbliebenen 71 Probanden, sie hatten im Durchschnitt vier alkoholische Getränke konsumiert, spielten auf dem iPad der Versuchsleiterin zwei Minuten lang Cyberball. Der Spieler übernimmt eine von drei Figuren, die sich gegenseitig einen Ball zuwerfen. Den Teilnehmern wurde gesagt, sie spielten online mit zwei realen Personen. In Wahrheit handelte es sich um eine vorprogrammierte Simulation.

Nun gab es zwei Varianten: Entweder der Teilnehmer wurde von den anderen beiden Spielern ausgeschlossen und sie spielten ihm den Ball von insgesamt 21 Würfen nur zwei Mal zu. Oder er wurde ins Spiel eingebunden, dann bekam er den Ball genau so oft wie die anderen. Die Forscher wollten so bei der einen Hälfte der Teilnehmer negative, bei der anderen Hälfte positive Emotionen erzeugen.

Nur die Einschätzung zählt, nicht die Realität

Direkt nach dem Spiel beantworteten die Teilnehmer Fragen zu ihrem Gemütszustand. Wer beim Cyberball ausgeschlossen wurde, war weniger mit sich selbst zufrieden, schlechter gelaunt und gab häufig mehr physische Schmerzen an. Auf einer Skala von eins bis fünf änderten sich die Angaben um bis zu einen Punkt. Zusätzlich fragten die Wissenschaftler die Spieler, wie betrunken sie ihrer Meinung nach seien. Am Ende erfassten die Forscher den tatsächlichen Alkoholgehalt mit einem Atemtest.

Erstaunlicherweise nahmen die negativen Gefühle der Teilnehmer nach einer ausgeschlossenen Runde Cyberball umso stärker ab, je höher sie ihren eigenen Alkoholpegel einschätzten. Der tatsächliche Alkoholgehalt hatte hingegen keinen Einfluss.

Die Forscher erklären das damit, dass nicht der Alkohol an sich die Schmerzen lindert, sondern alleine die Erwartung darüber, dass Alkohol die Schmerzen verringert - ein Placebo-Effekt.

Ein solcher konnte für die Wirkung von Alkohol schon öfters gezeigt werden. So fahren Personen unter der bloßen Annahme, sie seien betrunken, schlechter Auto, sie glauben falschen Informationen eher und sie halten sich für schöner. Der aktuellen Untersuchung fehlt jedoch ein wichtiger Schritt, um einen Placebo-Effekt eindeutig nachzuweisen: Dazu hätten die Wissenschaftler einer Teilgruppe der Cyberball-Probanden heimlich alkoholfreie Getränke einschenken müssen. Die Schlussfolgerung bleibt somit eine gut begründete Vermutung.

Zuguterletzt betonen die Wissenschaftler, dass es bessere Alternativen gibt, als in einer isolierten Situation dem Frust mit Alkohol zu begegnen: Wer in einer Gruppe ausgegrenzt wird, solle sich lieber eine neue Gruppe suchen.

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