AKW-Betreiber Tepco:Geschlampt, verschwiegen, gefälscht

Die Situation am AKW Fukushima ist außerhalb menschlicher Kontrolle. Der Betreiber des Atomkomplexes stand bereits mehrfach in der Kritik. Doch aus Reue folgte anscheinend: nichts.

Christoph Neidhardt, Tokio

Das Kernkraftwerk Fukushima I, das Japan an den Rand einer Atomkatastrophe brachte, weil die Notfall-Systeme nach dem Erdbeben vom Freitag an mehreren Reaktoren versagt haben, gehört Tepco, dem privaten Tokioter Elektrizitätswerk. Wie auch das ebenfalls beschädigte AKW Fukushima II.

Masataka Shimizu Takashi Fujimoto Akio Komori

Führungsmannschaft von Tepco (von links): Geschäftsführer: Akio Komori, Masataka Shimizu, Vorstandschef , Vize-Chef Takashi Fujimoto

(Foto: AP)

Das dritte AKW von Tepco, Kashiwazaki an der japanischen See, wurde vom Chuetso-Oki-Erdbeben im Juli 2007 schwer beschädigt. Damals dauerte es ein Jahr, bis es wieder ans Netz gehen konnte. Damit haben alle drei Kernkraftwerke der Firma Tepco in vier Jahren erdbebenbedingte Unfälle verursacht, die nach Versicherung der Firma gar nicht passieren können.

Andere AKWs hat Tepco nicht. Zu Fukushima I gehören sechs Reaktoren, zwei weitere sind geplant, Fukushima II verfügt über vier Reaktoren; Kashiwazaki sieben, von denen allerdings fünf immer noch abgeschaltet sind.

Tepcos Normalbetrieb sieht vor, dass die Kernkraftwerke den Basisstrom liefern, der rund um die Uhr im Raum Tokio gebraucht wird. Die Wasser- und Wärmekraftwerke werden für die Spitzenzeiten zugeschaltet.

Tepco hat eine lange Geschichte von Störfällen, die allerdings über Jahrzehnte vertuscht worden sind. Die Firma behauptete, Reparatur- und Service-Arbeiten gemacht zu haben, und reichte den Behörden die zuständigen Protokolle ein. Gemacht worden war freilich oft nichts, die Protokolle waren gefälscht. So waren an der Hülle des Reaktors Nr.3 von Fukushima II einmal Risse aufgetreten, durch die Radioaktivität austrat.

Der Skandal flog auf, weil ein Mitarbeiter von General Electric Japans Agentur für nukleare Sicherheit alarmierte. Die Tepco-Bosse gaben sich theatralisch reuig, versprachen, "alles aufzuklären", unterließen es aber, Schuldige zu benennen. Tepco-Präsident Nobuya Minami trat zurück.

Eine Untersuchung der Regierung bestätigte, TEPCO habe über Jahre unsauber gearbeitet, Unfälle verschwiegen und systematisch gezielt Reparaturberichte gefälscht.

Der am Sonntag von einer Kernschmelze bedrohte Reaktor 3 von Fukushima I ist ein MOX-Reaktor, also einer, der mit einem Gemisch von Uran- und Plutonium-Oxid betrieben wird. Plutonium ist nicht nur wegen seiner Radioaktivität gefährlich, sondern auch als enorm starkes Gift. Am Sonntag gab Tepco zu, die MOX-Brennstäbe seien zeitweise nicht mehr gekühlt worden. Sie befanden sich über dem Kühlwasser.

In Tokio kochen die meisten Leute mit Gas, viele heizen auch mit Gas. Der Stromverbrauch stagniert. Tepco hat deshalb in den vergangenen Monaten aggressiv geworben, die Bewohner sollten auf die saubere Elektrizität umsteigen.

Am Sonntag musste der Konzern ankündigen, ab Montag würde der Strom in Tokio über längere Perioden abgestellt.

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