Die Akupunktur ist in jüngster Zeit in die Kritik geraten. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die fernöstlichen Nadelung unabhängig davon zu wirken schien, wohin gestochen wurde. Probanden berichteten auch dann von schmerzlindernden Effekten, wenn nicht die nach asiatischer Tradition für den Energiefluss wichtigen Meridiane getroffen wurden.
Deshalb erklärten Mediziner den Nutzen der Akupunktur mit dem Placebo-Effekt - wer glaubt, dass ihm die Therapie hilft, der spürt auch eine Wirkung. Wissenschaftler der University of Michigan zeigen nun im Fachblatt Journal of Neuroimage, dass sich die Effekte von Akupunktur und Scheinakupunktur im Gehirn durchaus unterscheiden (Bd.47, S.1077, 2009).
Die Forscher wiesen mit Detailaufnahmen nach, dass die klassische Akupunktur die Sensibilität für schmerzlindernde Substanzen im Gehirn erhöht. Sowohl körpereigene Endorphine als auch Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide wie Morphin oder Kodein lagern sich an spezifischen Andockstellen, den Rezeptoren an und dämpfen so das Schmerzempfinden.
"Die vermehrte Bindungsfähigkeit ging mit weniger Schmerzen einher", sagt Richard Harris, der Erstautor der Studie. "Womöglich reagieren Patienten, die Erfahrung mit der Akupunktur haben, auch besser auf Opioid-Schmerzmittel."
Überraschend für die Forscher war, dass Scheinakupunktur die Bindungsfähigkeit am Opioid-Rezeptor kaum veränderte. "Die Schmerzen wurden zwar durch beide Nadel-Techniken ähnlich stark gesenkt, die Mechanismen sind aber recht unterschiedlich", sagt Harris.
Die Placebo-Diskussion werden diese Ergebnisse erneut anfachen, denn auch der lindernde Effekt ohne pharmakologischen Wirkstoff wird über den Opioid-Rezeptor vermittelt - allerdings nach anderen Mustern.