Akten über Ufo:Grüne Männchen auf der Flucht

Nach den Franzosen stellen nun auch die Briten ihre Ufo-Akten ins Internet. Das britische Verteidigungsministerium entzaubert auf diese Weise einen Mythos.

Alex Rühle

Es ist in den letzten Jahren still geworden um die Außerirdischen. Die Zahl der Ufo-Beobachtungen ging weltweit dramatisch zurück; das "British Flying Saucer Bureau" wurde vor einigen Jahren geschlossen; und das englische UFO Magazine, das in guten Jahren 35.000 Leser zuverlässig über von Aliens entführte Hausfrauen und rätselhafte Saugemale an Schäferhunden aufklärte, ist auch vom Markt verschwunden.

Akten über Ufo: Ein Ufo über Coniston in Großbritannien - aufgenommen am 15.02.1954.

Ein Ufo über Coniston in Großbritannien - aufgenommen am 15.02.1954.

(Foto: Foto: dpa)

Nun wird auch noch von offizieller Seite eine Art Schlussstrich gezogen: Nachdem die Franzosen im vergangenen Jahr ihr nationales Ufo-Archiv im Internet veröffentlichten, ziehen die Briten nach.

Die ersten acht Ordner sind online

Das Verteidigungsministerium hat gestern damit begonnen, all seine extraterrestrischen Dokumente ins Netz zu stellen. Das Ministerium erklärte, es hoffe, damit all den Ufologen den Wind aus den Segeln nehmen zu können, die behaupten, die bisherige Geheimhaltung sei der Beweis dafür, dass das Militär, die Regierung oder gar die Queen außerirdische Beziehungen geheim halten wollten.

Fast 200 solcher Akten werden dem Nationalarchiv in den kommenden Jahren überreicht, seit gestern sind die ersten acht Ordner online. Sie enthalten die wichtigsten Begegnungen mit Extraterrestrischen aus den Jahren 1978 bis 1987. So saß der Rentner Alfred Burtoo am 12. August 1983 beim Angeln am Basingstoke Canal in Aldershot, als sich ihm "zwei Wesen in grünen Anzügen" näherten und ihn mitnahmen in ihr Ufo.

Nach einem Rundgang durch ihr Raumschiff fragte ihn eine Stimme, wie alt er sei. "Ich werde demnächst 78." Die Stimme überlegte und sagte dann: "Sie können gehen, Sie sind zu alt und zu schwach für unsere Zwecke."

Das ist nicht gerade höflich, stimmt aber: Wie das Verteidigungsministerium selbst zu dem Fall notierte, bräuchten die Außerirdischen selbst mit Lichtgeschwindigkeit vier Jahre, um nur den allernächsten Stern zu erreichen und 100.000 Jahre, um unsere kleine Galaxie zu durchqueren.

Ufo-Welle in Deutschland

Das Interessanteste an den Materialien ist die Tatsache, dass das Ministerium von den frühen fünfziger Jahren an tatsächlich jeder vermeintlichen Ufosichtung nachging und herauszubekommen versuchte, was es damit auf sich haben könnte. Winston Churchill hatte 1951 in einem Memo gefragt: "Was soll nur dieses ganze Gerede über fliegende Untertassen? Was kann das bedeuten? Was ist die Wahrheit?"

Man kann an den freigeschalteten Dokumenten nachvollziehen, wie die Außerirdischen in Wellen kamen. Anscheinend hatten sie großes Interesse an Spielbergs Film "Unheimliche Begegnung der Dritten Art". Nachdem der Film in die britischen Kinos kam, wurden Hunderte von Ufos gesichtet. 1979, auf dem Höhepunkt der Ufomanie, beschäftigte sich sogar das Unterhaus mit den Außerirdischen.

Grüne Männchen auf der Flucht

Lord Clancarty glaubte seinerzeit, dass ein Regiment aus Norfolk im Ersten Weltkrieg, bei der Schlacht auf der türkischen Halbinsel Gallipoli, in einer Wolke verschwunden war, in der sich ein Ufo versteckte. Der Leiter der Sektion Ufoforschung schrieb nach der Sitzung des Unterhauses recht weitsichtig, obwohl alles darauf hindeute, dass "alle Ufologie nichts als idiotisches Geschwätz ist, wird das Thema nicht verschwinden."

Während das amerikanische Pentagon 1969 beschloss, dass Ufos keine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellten und fast alle Sichtungen durch Weltraummüll, atmosphärische Spiegelungen, Wetterballone oder Wolken erklärt werden können, legten die Briten bis in die Achtziger Jahre hinein über jeden vermeintlichen Vorfall eine Akte an.

Das heißt nicht, dass die Amerikaner generell aufgeklärter mit dem Phänomen umgingen. Während das MoD 1979 zu dem Schluss kam, "ihre Majestät", sei "nie von außerirdischen Wesen kontaktiert worden", drängte Ronald Reagan bei seinem ersten Treffen mit Gorbatschow auf eine Zusammenarbeit bei der Abwehr von Angriffen außerirdischer Wesen.

Überraschenderweise ist es wohl das Internet, das die Außerirdischen aus unser aller Vorstellung vertrieben hat. Es heißt zwar zu Recht, das Netz sei ein Tummelplatz für verschwörungstheoretisierende Spinner und Phantasten. Gleichzeitig wurden aber im Netz auch alle berühmten Ufosichtungen und Begegnungen widerlegt.

Je mehr Netzanschlüsse es gibt, desto seltener werden Ufos gesichtet. Oder wie es Douglas Kern einmal formulierte. "Je stärker unsere technologischen Möglichkeiten zum Aufspüren von Ufos wurden, desto weniger Ufos wurden gesichtet."

Wenn das Internet als schnöder Katalysator der Vernunft die Außerirdischen aus Amerika, England und Frankreich vertreibt, ist es kein Wunder, dass die Ufos inzwischen bevorzugt andere Länder anfliegen. Deutschland wird derzeit zum Beispiel von einer Ufo-Welle heimgesucht.

Die Hotline des Centralen Erforschungsnetzes außergewöhnlicher Himmelsphänomene (Cenap) wird zehnmal so häufig angerufen wie noch im vergangenen Jahr. Der Betreiber der Hotline versucht den Anrufern zwar beizubringen, dass es sich bei den orangeroten Lichtern, die in Formationen über den Himmel gleiten, um asiatische Laternen handelt, Reispapierballons, die mit einer Kerze gen Himmel geschickt werden und seit einem Jahr der Renner auf Partys und Hochzeiten sind. Die Anrufe aber gehen weiter. Sehr zur Freude der Außerirdischen.

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