Aggressive Ameisen:Der übersehene Eroberer

In Europa breitet sich eine aggressive Ameisenart aus. Wo Lasius neglectus auftaucht, vertreibt sie die heimischen Arten und unterhöhlt Gärten und Parks.

Tina Baier

Die Städte Warschau, Jena und Genf hat sie schon erobert.

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(Foto: Foto: G. Brovad/Natural History Museum of Denmark)

Und glaubt man den Experten, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Ameise Lasius neglectus weiter nach Westen vorrückt.

Wo sie auftaucht, vertreibt sie die heimischen Ameisenarten, unterhöhlt Parks und Gärten und züchtet Unmengen von Blattläusen auf Obstbäumen. Im Honigtau der Läuse, den die Ameisen fressen, siedeln sich Rußtau-Pilze an, die die Pflanzen schädigen.

Ein internationales Team aus 20 Forschern hat nun untersucht, was Lasius neglectus von anderen, weniger aggressiven Ameisenarten unterscheidet (PloS ONE, online).

Ein entscheidender Punkt ist demnach, dass die Art keine einzelnen Ameisenhaufen bildet, sondern sogenannte Superkolonien. Diese bestehen aus vielen Nestern, die miteinander verbunden sind und sich über Hunderte von Kilometern erstrecken können. Dort leben viele Königinnen friedlich nebeneinander. Im Gegensatz zu anderen Arten sind sie zur Paarung nicht auf Männchen aus fremden Kolonien angewiesen.

All das hat zur Folge, dass sich Lasius neglectus stärker vermehrt als viele andere Ameisen. Dazu kommt, dass die Tiere relativ unempfindlich gegen Kälte sind, "so dass sie zu einem Problem in gemäßigten Zonen werden könnten, die bislang weitgehend von Ameisenplagen verschont geblieben sind", schreiben die Forscher.

Bis zum Jahr 1990 war Lasius neglectus - die übersehene Lasius - unentdeckt geblieben. Doch dann fiel sie unangenehm auf, weil sie in der ungarischen Hauptstadt Budapest ein ganzes Wohnviertel terrorisierte. Die Ameisen waren in die Häuser eingezogen, hatten sich in den elektrischen Anlagen niedergelassen und verursachten Kurzschlüsse.

Äußerlich ähneln sie der Schwarzen Gartenameise, doch die Zahl der umherkrabbelnden Tiere ist zehn- bis 100-mal so hoch. "Als ich sie das erste Mal sah, konnte ich kaum glauben, dass es so viele Ameisen auf einem Haufen geben kann", sagt Jacobus Boomsma von der Universität in Kopenhagen, der an der Entdeckung beteiligt war.

Seit damals ist die Ameise, die ursprünglich wahrscheinlich aus der Türkei kommt, in vielen europäischen Ländern gesichtet worden, unter anderem in Frankreich, Italien und Spanien. Aus eigener Kraft wären die flügellosen Tiere nie soweit gekommen, statt dessen legen sie weite Strecken in der Erde von Topfpflanzen zurück, die aus den Verbreitungsgebieten in andere Länder importiert werden.

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