Infektionskrankheit:Massenimpfungen gegen Affenpocken laut WHO nicht nötig

Infektionskrankheit: Der Hauptsitz der Weltgesundheitsorganisation in Genf: Die Affenpocken-Fälle der jüngsten Zeit machen aus WHO-Sicht keine Massenimpfungen notwendig.

Der Hauptsitz der Weltgesundheitsorganisation in Genf: Die Affenpocken-Fälle der jüngsten Zeit machen aus WHO-Sicht keine Massenimpfungen notwendig.

(Foto: Salvatore Di Nolfi/dpa)

Die Krankheit ließe sich auch ohne Impfkampagne gut eindämmen, teilt die Weltgesundheitsorganisation mit. Medizinverbände in Deutschland sehen keine Pandemie-Gefahr wie beim Coronavirus.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält Massenimpfungen gegen Affenpocken derzeit nicht für nötig. Hygiene und präventives Sexualverhalten könnten die Ausbreitung des Virus eindämmen, sagte Richard Pebody, Leiter des Teams für Krankheitserreger bei der WHO Europa, der Nachrichtenagentur Reuters. Die wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung des Ausbruchs seien die Rückverfolgung von Kontakten und die Isolierung von Infizierten. Die Impfstoffbestände seien relativ begrenzt.

Affenpocken treten hauptsächlich in Afrika auf und nur sehr selten andernorts, was die jüngsten Ausbrüche in anderen Teilen der Welt mit mehr als 100 bestätigten und vermuteten Fällen ungewöhnlich macht. Zu den Symptomen gehören Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge, die meist im Gesicht beginnen und sich auf den Rest des Körpers ausbreiten. Die Krankheit verläuft in der Regel mild.

Nach dem Auftreten erster Fälle von Affenpocken in Deutschland sehen Fachärzte derweil keine neue Pandemie aufziehen. "Die Gefahrensituation ist gering, weil das Virus nur durch engen Körperkontakt, also über Körperflüssigkeiten oder Krusten, weitergegeben wird und nicht durch Tröpfcheninfektion wie Niesen, Husten oder Sprechen", sagte Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die coronabedingte Wachsamkeit werde dazu führen, Kontaktpersonen von Infizierten rasch zu identifizieren. Es komme "wahrscheinlich keine neue Epidemie auf uns zu".

Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, sagte der Zeitung, das Affenpockenvirus sei "weit weniger ansteckend als Corona". Kinder, bei denen zumindest nach Daten aus Afrika eine höhere Sterblichkeit vorkommt, hätten kein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Auch Infektiologe Tenenbaum erwartet keine große Ausbreitung unter Kindern und Jugendlichen: "Es ist extrem unwahrscheinlich, dass sich in der momentanen Lage in Europa Kinder mit Affenpocken anstecken." Es seien auch keine Fälle bekannt, "in denen sich Affenpocken in Europa innerhalb von Familien ausgebreitet haben". "Daher brauchen sich Eltern aktuell keine Sorgen zu machen."

Am Dienstagmittag will sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Rande des Deutschen Ärztetages in Bremen zum Vorgehen nach dem Auftreten der ersten Affenpocken-Fälle in Deutschland äußern. An der Pressekonferenz sollen auch Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt und der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, teilnehmen.

Die CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger forderte Lauterbach auf, eine Aufklärungskampagne auf den Weg zu bringen. Der Minister müsse "die Bevölkerung durch eine ausführliche Kommunikationsoffensive über die Risiken der Affenpocken informieren, um eine unnötige Panikmache zu verhindern", sagte Pilsinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mahnte, wachsam zu sein. "Corona hat uns gelehrt, sehr genau die Entwicklung weltweit zu betrachten. Denn in einer globalisierten Welt verbreiten sich nicht nur Güter schnell, sondern auch Krankheiten", sagte Verbandschef Gerald Gaß dem RND.

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