Synthetischer Embryo ist schon so ein Begriff, der eher abschreckend wirkt. Eine chinesische Forschergruppe hat aus Affen-Stammzellen solche künstlichen Embryonen gezüchtet, diese einige Tage im Labor wachsen lassen und in die Gebärmütter von Javaneraffen-Weibchen transplantiert. Bei drei von acht Affenweibchen konnte das Team um den Neurowissenschaftler Zhen Liu von der Chinese Academy of Sciences (CAS) in Shanghai hormonelle Anzeichen einer frühen Schwangerschaft nachweisen. Allerdings entwickelten sich die Embryoide genannten Zellkonstrukte im Mutterleib nicht weiter, sondern verschwanden innerhalb weniger Tage.
Für Experten, die nicht an der Arbeit beteiligt waren, ist damit noch kein Meilenstein der Reproduktionsforschung geschafft. Es könne heute nicht ausgeschlossen werden, "dass Embryoide im Vergleich zu echten Embryonen grundlegende Unterschiede aufweisen, die einer vollständigen Entwicklung zu einem lebensfähigen Organismus im Wege stehen", sagt Rüdiger Behr, Leiter der Forschungsplattform Degenerative Erkrankungen am Deutschen Primatenzentrum in Göttingen.
"Es ist deutlich komplizierter, künstliche Affenembryonen herzustellen."
Im vergangenen Sommer waren zwei Forschergruppen mit künstlichen Mausembryonen bereits weitergekommen. In den aus Mausstammzellen gezüchteten Embryoiden fing das Herz an zu schlagen und andere Organe begannen sich auszubilden. Die Arbeit damals war von Fachleuten einhellig als Durchbruch bezeichnet worden. Allerdings sind Affenembryonen menschlichen Embryonen deutlich ähnlicher als Mausembryonen. "Dies könnte die Motivation der Autoren gewesen sein, künstliche Affenembryonen herzustellen", sagt Malte Spielmann, Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.
"Es ist jedoch nicht sehr überraschend, dass es deutlich komplizierter ist, künstliche Affenembryonen herzustellen, als synthetische Mausembryonen." Spielmann zufolge ist diese sogenannte Proof-of-Concept-Studie gescheitert, da die künstlichen Affenembryonen nicht überlebensfähig waren und keine Schwangerschaft zustande kam. "Das Experiment liefert aus meiner Sicht keine wesentlichen, zusätzlichen Erkenntnisse." Anders wäre es seiner Ansicht nach gewesen, wenn die synthetischen Embryonen die Organentwicklung komplett durchlaufen hätten. "Dies würde die Tür öffnen, vollständig synthetische Organe herzustellen und diese im Labor zu untersuchen. Derzeit scheitern alle Experimente vor diesem kritischen Zeitfenster."
Immerhin bestätigen die Experimente des chinesischen Teams noch einmal die vorangegangenen Arbeiten an Mäusen und die erstaunlichen Fähigkeiten von Stammzellen, sich sogar im Labor zu embryonenartigen Strukturen selbst zu organisieren. Wie die Gruppe um Liu in der Fachzeitschrift Cell Stem Cell berichtet, entwickelten sich die Affen-Embryoide im Labor bis zu achtzehn Tage lang bis zum frühen Stadium der Organentwicklung; es habe Hinweise auf die Entstehung von Vorläufern der Keimzellen und von blutbildendem Gewebe gegeben.
Laut Liu und Team ähneln die aus embryonalen Stammzellen gezüchteten Embryoide morphologisch durchaus Embryonen im Stadium von acht bis neun Tagen, die auf natürlichem Weg durch Befruchtung entstanden. Somit sei ihr Tiermodell geeignet, um frühe Stadien der Embryonalentwicklung zu erforschen, ohne mit menschlichen Embryonen experimentieren zu müssen. Denn solche Arbeiten sind weltweit beschränkt.
Bislang darf in den meisten Ländern lediglich mit Embryonen gearbeitet werden, die höchstens 14 Tage lang im Labor heranwuchsen. In Deutschland verbietet das Embryonenschutzgesetz bislang Experimente an menschlichen Embryonen. Wie die Arbeit mit synthetischen Embryonen zu beurteilen ist, die nicht durch Befruchtung einer Eizelle entstanden, sondern aus Stammzellen gezüchtet wurden, ist noch weitgehend unklar.
Mit Material vom Science Media Center (SMC).