Süddeutsche Zeitung

Ältester Termitenbau der Welt:Bauzeit: zwei Jahrtausende

Nicht nur Menschen brauchen ewig für Großprojekte: In Zentralafrika haben Forscher einen 2200 Jahre alten Termitenhügel gefunden. Jahrhundertelang machten die Insekten Pause auf der Baustelle.

Von Jan Hellmut Schwenkenbecher

Wer schon einmal vor einem Termitenhügel stand, weiß, wie eindrucksvoll diese Bauten sind. Mehr als zehn Meter hoch errichten die Termiten ihre Behausungen, ein Durchmesser von 15 Metern ist keine Seltenheit. Wie alt die Strukturen werden können, war jedoch lange unklar. Nun haben belgische Forscher in Zentralafrika einen Hügel gefunden, mit dessen Bau vor 2200 Jahren begonnen wurde. Er sei damit der älteste untersuchte Termitenbau der Welt, schreiben die Forscher im Fachmagazin Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology.

Das Bauwerk steht in den Miombo-Wäldern in der Demokratischen Republik Kongo, der Landstrich ist für seine vielen Termitenhügel bekannt. Sie sind dort im Schnitt fünf Meter hoch und haben einen Durchmesser von knapp 15 Metern. Die Forscher um Hans Erens von der Universität Gent suchten sich in der Nähe der Stadt Lubumbashi im Süden des Landes je zwei sechs Meter hohe und zwei dreieinhalb Meter hohe Hügel. In je einem großen und einem kleinen Bau lebten noch Termiten, die anderen beiden waren verlassen.

Mit einem Bulldozer schoben die Wissenschaftler die Hälfte der Hügel beiseite, um an den Kern zu gelangen. Dort nahmen sie entlang der senkrechten Achse alle 50 Zentimeter eine Materialprobe. Die Hügel bestehen vor allem aus zerkautem Pflanzenmaterial und Erde, als Bindemittel verwenden die Termiten ihren Speichel.

Die Proben untersuchten die Forscher anschließend mittels Radio-Karbon-Datierung. Bei dieser Methode wird die Anzahl der 14C-Atome, einer Variante des Kohlenstoffs, im Organismus gemessen. Anschließend sind Rückschlüsse auf das Alter möglich. Pflanzen nehmen die Atome über die Fotosynthese auf; sobald sie geerntet oder wie hier verbaut werden, sinkt der 14C Anteil, da der Stoffwechsel zum Erliegen kommt.

Jahrhundertelang standen die Bauarbeiten still

So fanden die Wissenschaftler heraus, dass der unterste Teil des großen unbewohnten Hügels zwischen 2335 und 2119 Jahre alt ist - der älteste untersuchte Termitenhügel. Weiter zeigten die Daten, dass der Termitenhügel nach oben hin immer jünger wird: Auf einer Höhe von 1,50 Meter ist er noch rund 1500 Jahre alt, bei 3,50m sind es immerhin noch rund 650 Jahre.

Diese Zahlen sind nicht durch das gemütliche Bautempo der Termiten zu erklären, denn teilweise wurden die Hügel über Hunderte von Jahren gar nicht weitergebaut. Über die Zeit verlassen die Kolonien ihre Bauten, Termitenhügel stehen dann leer. Irgendwann werden die Bauten dann aber von anderen Kolonien neu bezogen. Dabei bauen sie dann lieber oben an, statt das bestehende Gebilde zu renovieren. Die Termitenhügel sind somit Dauerbauprojekte, die über lange Zeit entstehen und, wie die Wissenschaftler nun zeigten, sogar über Tausende von Jahren andauern.

"Der Fund zeigt, dass die Hügel sehr stabile Bauwerke sind", so Hans Erens, Erstautor der Studie, "da sie den erosiven Kräften von tropischen Regenstürmen widerstehen." Dabei ist das Alter für die Forscher gar nicht der beeindruckendste Aspekt. Die spannendste Erkenntnis sei, "dass die Hügel ungleichmäßig wachsen", sagt Erens.

Dabei hängt das Bautempo der Insekten stark von der Temperatur ab: Der Vergleich mit Klimadaten, die am angrenzenden Tanganjikasee gewonnen wurden, belegte, dass die Termiten schneller und größer bauten, wenn es wärmer war. Umgekehrt kam der Bau in kälteren Zeiten ganz zum Erliegen. Die Forscher hoffen so, in Zukunft per Termitenhügel-Analyse Rückschlüsse auf das Klima ziehen zu können.

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