Mythen über die Energiesparlampe:Teuer, sinnlos, gefährlich?

Zu teuer, zu giftig, zu blaustichig: Viele Verbraucher sträuben sich gegen Energiesparlampen. Doch sind die Vorbehalte gegen die Technik tatsächlich begründet?

Christopher Schrader

Vor dem Fortschritt haben die Deutschen offenbar Angst: Kunden in Baumärkten und Lampengeschäften hamstern Glühbirnen, weil einige Sorten seit dem 1. September aus den Regalen verschwinden: Eine EU-Richtlinie zum Energieverbrauch hat alle matten sowie klaren Glühbirnen mit 100 Watt Leistung mit Produktionsverbot belegt.

Energiesparlampen

Spart sie denn überhaupt Energie, die Energiesparlampe - so manche Verbraucher haben da ihre Zweifel.

(Foto: dpa)

Was der Handel stattdessen anbieten darf, Energiesparlampen, Halogenbirnen und LED-Leuchten, die alle deutlich weniger Strom verbrauchen, erscheinen den Kunden offenbar nicht akzeptabel.

Selten wohl hat eine Verordnung aus Brüssel intimere Gewohnheiten berührt. Die Deutschen lieben es zu Hause eher höhlenmäßig, was das Licht angeht. Das Licht der klassischen Glühbirne erinnert sie an wärmendes Kerzenlicht. Das angeblich "kalte" Licht der neuen Leuchten, das mehr Grün und Blau enthalten kann, bleibt daher in Ungnade.

Die Vorliebe für warme Lichtfarben ist eine kulturelle Besonderheit vor allem der Nordeuropäer. Im Süden suchen die Menschen im Haus eher Zuflucht vor der Hitze des Tages und mögen kühles Licht mit einem höheren Blauanteil.

Interessant ist auch, dass die durchaus als wärmend empfundene Strahlung der Sonne ein ganz anderes Spektrum als Glühbirnen besitzt. Sonnenlicht enthält viel mehr Grün und Blau. Im Freien gefällt das den meisten Menschen. Eine Energiesparlampe im Wohnbereich, die ähnliches Licht abstrahlt, empfinden Nordeuropäer als ungemütlich.

Wo die Technik der Lebenskultur derart nahekommt, haben irrationale Argumente Konjunktur. Die meisten Einwände gegen die von der EU sanktionierte neue Leuchtmitteltechnik sind aber unbegründet. Hier die Antworten auf zehn Mythen:

Energiesparlampen sparen keine Energie, weil ihre Herstellung viel aufwendiger ist als die von Glühbirnen.

Tatsächlich wird bei der Produktion einer Energiesparlampe etwa zwölfmal so viel Energie aufgewendet wie bei einer Glühbirne, wie eine Studie der EU-Kommission vom Oktober 2008 zeigt: 12 Megajoule Primärenergie statt einem Megajoule (gut drei Kilowattstunden statt einer Viertelkilowattstunde).

Bei beiden wird ein Vielfaches schon für den Vertrieb aufgewandt: 52 Megajoule. Doch weil der Energieverbrauch im Betrieb bei beiden Produkten den der Herstellung bei weitem übertrifft, hat die Sparlampe den Überschuss schnell aufgeholt. Sie steht, wenn man den gesamten Energieverbrauch während der Lebensdauer zusammenrechnet, viel besser da als eine konventionelle Glühbirne.

Der Vergleich lief zwischen einer matten Glühdrahtlampe mit effektiv 54 Watt und einer Energiesparlampe von 13 Watt; beide erzeugen etwa gleich viel Licht: 572 gegenüber 559 Lumen. Pro Lichteinheit und Stunde verbraucht die Glühbirne 1085 Joule, bei der Energiesparlampe sind es alles in allem 276 Joule. Sie spart also drei Viertel der Energie.

Energiesparlampen sparen wegen ihres hohen Anschaffungspreises kein Geld.

Die EU-Studie hat auch die Kosten berechnet, die über die gesamte Lebensdauer pro Betriebsstunde entstehen. Sie betragen bei der Glühbirne 0,86 Cent und bei der Energiesparlampe 0,27 Cent. Die Ersparnis liegt also bei etwa zwei Dritteln. Im wirklichen Leben allerdings dürfte der Vorteil etwas geringer ausfallen, so die EU-Forscher.

Die Energiesparlampe schafft zwar 6000 Stunden Leuchtdauer, für die Wissenschaftler übersetzt sich das in 7,5 Jahre. Für die Glühbirne rechnen sie aber anders und setzen 1000 Stunden und 2,5 Jahre an. Offenbar nehmen die Forscher an, dass Kunden eine Energiesparlampe öfter angeschaltet lassen als eine Glühbirne, weil sie weniger Strom verbraucht. In den 2,5 Jahren Lebenszeit kosten Anschaffung der Glühbirne und der verbrauchte Strom 8,60 Euro.

Etwa genauso viel Geld fällt für die Energiesparlampe in denselben 30 Monaten an, aber dann leuchtet sie noch fünf Jahre weiter zu deutlich geringeren Stromkosten. Über die 7,5 Jahre gerechnet, kostet sie 16,23 Euro, während drei Glühbirnen 25,80 Euro kosten. Die Ersparnis liegt unter realistischen Bedingungen also bei etwa einem Drittel.

Allerdings sind dabei die Preisannahmen der Forscher wichtig. In der Modellrechnung kostet die Energiesparlampe vier Euro mehr als die Glühbirne. Auch bei einer doppelt so hohen Differenz würde sich die teuere Birne rechnen, aber erst nach etwas mehr als fünf Jahren.

Umgekehrt wirkt sich eine weitere Annahme der Forscher aus. Sie setzen einen Strompreis von gut 15 Cent pro Kilowattstunden an. Wer eher 20 Cent pro Kilowattstunde zahlt, wie in Deutschland üblich, macht früher und mehr Plus beim Umstieg.

Daraus kann man auch Grenzen der Wirtschaftlichkeit berechnen. Der Studie der EU-Kommission zufolge lohnt sich eine Energiesparlampe erst dort, wo sie im Lauf der Jahre 2500 Stunden brennen muss. Mit veränderten Preisannahmen kommen andere Experten auf Schätzungen um die 1500 Stunden Licht. Im Abstellraum, wo die Birne pro Woche auf eine Stunde kommt, erreicht sie ihren Break-even-Point vielleicht nach 30 Jahren -, falls sie dann noch funktioniert.

Energiesparlampen enthalten giftiges Quecksilber

Ja, aber der Einsatz von Glühbirnen lässt trotzdem mehr von dem giftigen Schwermetall in die Umwelt gelangen. Das Licht der Energiesparlampen entsteht ursprünglich durch Quecksilberatome, die von elektrischen Entladungen in der Glasröhre zum Leuchten angeregt werden.

Jede Birne enthält daher einige Milligramm davon. Die Autoren der EU-Studie setzen vier Milligramm an; eine Richtlinie der Union erlaubt fünf Milligramm.

Das bedeutet allerdings keine akute Gefahr, wenn mal eine Energiesparlampe zerbricht. Vorsicht ist dann trotzdem geboten: Quecksilber ist bei Raumtemperatur flüssig. Die Splitter sollten vorsichtig aufgefegt und der Raum gelüftet werden. Manche Hersteller bieten ihre Produkte auch schon mit einem Splitterschutz an.

Angesichts der Mengen von Birnen, die hergestellt werden, ist es aber wichtig, dass sie korrekt entsorgt werden. Daran hapert es noch. Die Mühe machen sich viele Verbraucher nicht.

Weil bei der Stromerzeugung aus Kohle ebenfalls Quecksilber in die Umwelt gelangt, haben klassische Glühbirnen sogar eine schlechtere Gesamtbilanz. Dort kommt die Energiesparlampe pro Lumen und Stunde auf 1,46 Nanogramm (Milliardstel Gramm) und die matte Glühbirne auf 1,51 Nanogramm. In dieser Kategorie schneiden Halogen und LED-Birnen viel besser ab.

Energiesparlampen erzeugen Elektrosmog

Das stimmt, die Hochfrequenzstrahlung von 30 bis 60 Kilohertz ist technisch bedingt und unvermeidbar. Die Belastung lässt sich aber im Prinzip leicht reduzieren. Zudem haben Fachleute des bayerischen Landesamts für Umwelt und des Bundesamts für Strahlenschutz soeben einen Test von Energiesparlampen vorgelegt, in dem sie zum Schluss kommen: "Eine gesundheitliche Beeinträchtigung kann nach dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand ausgeschlossen werden."

Dennoch: Wie beim TCO-Regelwerk für Computermonitore könnten auch Gütesiegel für strahlungsarme Lampen vergeben werden. Eine Birne der Firma Megaman mit der Zusatzbezeichnung "Sensible" hat bewiesen, dass eine deutliche Reduzierung der Hochfrequenzstrahlung möglich ist. Eine spezielle Beschichtung ist offenbar hilfreich.

Das Licht von Energiesparlampen ist grässlich

Energiesparlampen verwandeln das im Inneren entstehende Ultraviolett durch Leuchtstoffe in eine Mischung aus rotem, grünem und blauem Licht, die weiß ergibt. Tatsächlich fehlen im Spektrum Zwischentöne, außerdem hängt der Charakter des Lichts von der Art, Zusammenstellung und Menge der Leuchtstoffe ab.

Üblich sind Begriffe wie "kaltweiß" oder "Tageslicht" für Werte der sogenannten Farbtemperatur von 4000 oder 6500 Kelvin und "warmweiß" für 2700 Kelvin. Verborgen hinter einem geschlossenen Lampenschirm, besonders wenn er nicht reinweiß ist, wird kaum ein Mensch das Licht einer warmweißen Energiesparlampe von dem einer Glühbirne unterscheiden können.

Inzwischen gehen einige Hersteller sogar in den leicht gelblichen Bereich - eine Lösung für Fälle, wo die Birne beispielsweise unter einem Glasschirm herausleuchtet. Megaman bietet als "Warm Comfort Light" gar Energiesparbirnen mit einem goldenen Überzug an, die einer Farbtemperatur von 2400 oder 2500 Kelvin entsprechen sollen. Osram hat eine neue Mischung von Leuchtstoffen herausgebracht, für die die Firma 2500 Kelvin angibt.

Beim Kauf von Energiesparlampen sollten Kunden darum auf die Angaben zur Farbtemperatur achten. Oft steht neben einem Begriff wie "warmweiß" auch die Farbtemperatur auf der Packung oder - bei Osram-Produkten - ein Zahlencode wie 827. Dabei stehen die letzten beiden Ziffern für die Farbtemperatur und die erste für die Farbwiedergabe; in diesem Fall liegt sie zwischen 80 und 90 Prozent.

Im Licht von Energiesparlampen saufen alle Farben ab

Das hängt von der Güte und dem Farbcharakter der Lampe ab. Es gibt auch Birnen mit mehr als 90-prozentiger Farbtreue; es ist also nicht per se richtig, dass Energiesparlampen den Farbeindruck von Lebensmitteln oder Kleiderstoffen verderben.

Sogenannte Fünf-Banden- oder Vollspektrum-Birnen enthalten fünf statt drei Leuchtstoffe. Weil sich solche Lichtquellen sogar eichen lassen, werden sie in der Druckindustrie verwendet, damit zum Beispiel Werbekunden die Farbtreue ihrer Anzeigen in Zeitschriften beurteilen können.

Wer mit diesem Licht überhaupt nicht leben möchte, kann nach dem Ende der Glühbirne auf Halogenlampen ausweichen. Sie werden inzwischen mit den üblichen Gewinden als "Energy Saver" angeboten und verbrauchen 30 bis 50 Prozent weniger Strom als die neuerdings gebannten Leuchtmittel.

Energiesparlampen erzeugen sehr viel blaues Licht, das ungesund ist. Es schädigt die Augen und bringt den Hormonhaushalt durcheinander

Schon ein Blick auf die Spektren der einzelnen Lichtquellen zeigt, dass an diesem Einwand nicht allzu viel dran sein kann. Zwar erzeugen manche Energiesparlampen, besonders die "Tageslicht"-Birnen mehr Blau als Glühbirnen. Aber bei "warmweißen" ist der Unterschied sehr klein.

Außerdem zeigt der Vergleich mit Sonnenlicht, dass blaues Licht kein großes Problem sein kann. An einem Tag im Büro unter Kunstlicht nimmt der durchschnittliche Angestellte weniger davon auf als in ein paar Minuten unter freiem Himmel. Tatsächlich kennen Fachleute die Bedrohung durch intensives Blau und das benachbarte, unsichtbare Ultraviolett: "Es kann photochemische Prozesse in der Retina auslösen, die diese auf Dauer schädigen", sagt Rüdiger Matthes vom Bundesamt für Strahlenschutz.

"Probleme macht das nur, wenn man aus kleiner Distanz direkt ins Licht schaut. Weil man geblendet ist, vermeidet man das in der Regel." Auch der Hormonhaushalt, besonders die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin, könne durcheinander geraten.

Diese Effekte treten bei allen Lichtquellen auf, besonders bei Sonnenschein. Auch Halogenbirnen hätten viel von dem blauen Licht, bei manchen Glühbirnen sei es sogar stärker als bei Energiesparlampen, sagt Matthes. "Vor allem der Ultraviolettanteil verändert sich nicht nur mit dem Lampentyp, sondern schwankt auch von Charge zu Charge, weil das verwendete Glas die Strahlung herausfiltert oder durchlässt." Lampenhersteller könnten das Problem ernster nehmen, moniert der Strahlenexperte.

Wenn man eine Energiesparlampe einschaltet, dauert es ewig, bis sie richtig leuchtet

Das stimmt: Weil das Gasgemisch im Inneren erst gezündet werden muss, gibt es zwischen dem Anknipsen und dem Aufflammen immer eine Verzögerung. Ihre volle Helligkeit erreicht die Lampe erst nach einer Minute. Am stärksten ausgeprägt ist dieser Effekt, wenn die Birne frisch aus der Packung kommt; im Lauf der Wochen brennt sie sich ein und wird dann schneller hell.

Die Hersteller können dieses Verhalten durch die Auslegung der Lampe beeinflussen. Ihre Kundeninformation hierüber ist allerdings noch unterentwickelt. Nur gelegentlich stehen Vokabeln wie "Schnell-" oder "Quickstart" auf der Packung. Ansonsten sollte der Käufer innerhalb des Sortiments eines Herstellers die Produkte mit kürzerer Lebensdauer wählen, wenn das Licht schnell angehen soll.

Wer die Verzögerung beim Schalterdruck komplett vermeiden und dennoch viel Strom sparen möchte, sollte sich eine LED-Lampe in die Fassung schrauben. Sie erreicht inzwischen Lichtstärken, die 40-Watt-Glühbirnen entsprechen.

Energiesparlampen flimmern

Bei vielen Lampen schwankt die Helligkeit 100-mal pro Sekunde, also mit der doppelten Frequenz der Spannung im Haushalt. Früher wurden Energiesparlampen so wie ihre großen Verwandten, die Leuchtstoff- oder Neonröhren, tatsächlich für einen Moment dunkel. Verbesserte Elektronik begrenzt die Höhe der Schwankungen heute auf maximal 15 Prozent, wie das Bundesamt für Strahlenschutz in einer aktuellen Stellungnahme feststellt.

Aber: Das betrifft nicht nur Energiesparlampen, sondern auch die traditionellen Glühbirnen. Und: "Bisher liegt kein signifikanter Hinweis dafür vor, dass das Flimmern sogenannte lichtsensitive Krankheitssymptome wie zum Beispiel Migräne, Epilepsie oder Autismus auslöst beziehungsweise verschlimmert", so das Amt.

Energiesparlampen kauft man wie die Katze im Sack, angesichts des Preises ein Risiko

Das ist nicht nötig. Wer zehn bis 25 Euro für eine Lampe ausgibt, sollte darauf bestehen, sie im Laden auszupacken und auszuprobieren. Früher war es auch bei Glühbirnen üblich, ihre Funktion vor dem Kauf zu testen. Das Umweltbundesamt rät, bei Energiesparlampen Markenprodukte zu kaufen.

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