Auf den ersten Blick wirkt es wie eine gute Nachricht: Im vergangenen Jahr ging weniger Regenwald auf der Erde verloren als die beiden Jahre zuvor. "Nur" zwölf Millionen Hektar tropische Wälder sind 2018 verschwunden, wie eine Auswertung der University of Maryland ergab. Das entspricht zwar der dreifachen Fläche der Schweiz, bedeutet aber immerhin fünf Millionen Hektar weniger Verlust als 2016.
Doch sollte man sich von diesen Zahlen nicht täuschen lassen. Die beiden Rekordjahre 2016 und 2017 waren unter anderem massiven Waldbränden geschuldet, begünstigt durch heiße und trockene Witterung. Langfristig wird der Kahlschlag in den tropischen Wäldern wohl wieder zunehmen. Zudem kam dem Planeten vergangenes Jahr mit mehr als 3,6 Millionen Hektar besonders viel sogenannter ursprünglicher Regenwald abhanden, der extrem artenreich ist und mehr Kohlenstoff speichert als jeder andere Wald. Eine wichtige Pufferfunktion für das Klima.
Grüne Lunge der Erde:Der Regenwald trocknet aus
Klimawandel und Rodung könnten bald die Wasserversorgung in der Amazonas-Region zusammenbrechen lassen. Trotzdem will Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro viele Schutzgebiete auflösen.
Nachhaltige Entwicklung spielt in den Verhandlungen bislang kaum eine Rolle
Vor allem in Brasilien ist die Lage des Urwalds besorgniserregend. Das lässt sich zwar noch nicht dem neuen Präsidenten Jair Bolsonaro zuschreiben, der erst kürzlich ins Amt kam. Seine Politik ist jedoch kaum geeignet, den Waldverlust zu stoppen. Bolsonaro höhlt den Schutz der Natur systematisch aus und beschneidet die Rechte der Ureinwohner.
Die größte Bedrohung für die Wälder kommt aber von außen, in Form eines stetig wachsenden Hungers nach Fleisch. China bezieht wegen des Handelsstreits mit den USA weniger Soja von dort und richtet seine Begehrlichkeiten nun auf Südamerika. Die Fläche an Regenwald, die für den Anbau des Futtermittels gerodet wird, könnte deshalb in die Höhe schnellen.
Als wäre der Druck auf den Amazonas nicht schon groß genug, strebt derzeit auch die EU-Kommission ein Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay an. Obwohl die EU sich etwa dem Klimavertrag von Paris verpflichtet fühlt, spielt nachhaltige Entwicklung - nach allem was man aus den weitgehend geheimen Verhandlungen weiß - bislang kaum eine Rolle. Ziel ist eher, die Importe südamerikanischer Güter wie Rindfleisch zu erleichtern, für deren Produktion enorme Flächen benötigt werden.
Da ist es ein wichtiges Signal, dass nun mehr als 600 Wissenschaftler und Vertreter 300 indigener Völker die EU in einem Brief im Fachmagazin Science auffordern, den Schutz der Umwelt und von Menschenrechten in dem Abkommen sicherzustellen. Umweltvorschriften können einen großen Unterschied für die Wälder machen, wie Indonesien gezeigt hat. Dank strengerer Gesetze ist der Waldverlust in dem Land so niedrig wie seit 2003 nicht mehr.