Wärmetechnik:Nischenprodukt Infrarot-Heizung

Infrarotheizung

Keineswegs nur Deko: Die verzierten Platten an der Wand sind Infrarot-Wärmestrahler.

(Foto: redwell)

Finden Sie die Heizung im Bild? Das Design der Infrarot-Heizungen ist minimalistisch, der Stromverbrauch eher nicht. Sind die Anlagen trotzdem eine Alternative für alte Nachtspeicheröfen?

Von Ralph Diermann

Als der deutsch-britische Astronom Friedrich Wilhelm Herschel vor gut 200 Jahren mithilfe eines Prismas und eines Thermometers herausfinden wollte, wie warm die verschiedenen Farben der Sonnenstrahlung sind, machte er eine interessante Beobachtung. Am höchsten stieg der Quecksilberpegel, wenn Herschel sein Thermometer nicht im, sondern neben dem roten Ende des aufgefächerten Sonnenlichts platzierte - also außerhalb des sichtbaren Lichtspektrums.

Herschel hatte die Infrarotstrahlung entdeckt. Menschen können sie nicht sehen, aber spüren. Zum Beispiel am Lagerfeuer: Selbst wenn die Scheite nur noch sanft glimmen, spenden sie weiterhin Wärme. Warum also nicht dieses physikalische Prinzip nutzen, um Wohnungen und Häuser zu heizen?

Seit einigen Jahren gibt es entsprechende Anlagen. Mittlerweile haben sogar Baumärkte und Lebensmittel-Discounter Infrarot-Heizungen in ihr Sortiment aufgenommen. Die Hersteller der Geräte haben vor allem die 1,5 Millionen Haushalte im Visier, in denen noch elektrische Nachtspeicheröfen installiert sind. Diese Anlagen benötigen enorm viel Strom, da sie sich nur schlecht regulieren lassen. Infrarot-Heizungen könnten der perfekte Ersatz für die veralteten Öfen sein.

Die Wärmestrahler werden meist als Platten angeboten, die an die Wand geschraubt werden. Seit Kurzem gibt es sie auch als Folie aus einem dünnen Karbon-Kunststoff-Material, in das Kupferbahnen eingebettet sind. Die Folien werden an der Zimmerdecke befestigt und dann an das Stromnetz angeschlossen. Wird es draußen kalt, lassen sie sich binnen einer Minute mit elektrischer Energie auf bis zu 33 Grad erwärmen. Die Infrarotstrahlung wird von den Wänden und Böden, den Möbeln und allen anderen Gegenständen im Raum aufgenommen. Die Luft im Zimmer bleibt dagegen vergleichsweise kühl.

So gesehen arbeiten Infrarot-Heizungen ganz anders als konventionelle Heizkörper, die ihre Wärme vor allem an die Raumluft abgeben. Physikalisch nennt sich das Konvektion. Die Wärmeübertragung geschieht, wenn die Luftmoleküle über das heiße Metall streichen. Sie bewegen sich dadurch stärker. Die warme Luft dehnt sich aus und steigt unter die Decke. So bilden sich allerdings verschiedene Temperaturzonen im Raum. Am Boden sind die Temperaturen mitunter spürbar niedriger als auf Kopfhöhe - und die Menschen bekommen kalte Füße.

Die Wärme fühlt sich so angenehm an, dass Bewohner oft zu großzügig heizen

Das Problem haben Infrarot-Heizungen weniger. "Wenn die Anlagen hochwertig sind, richtig installiert werden, und wenn es beim Gebäude keine Probleme mit Feuchtigkeit gibt, empfinden Bewohner Infrarotwärme als sehr angenehm", sagt Peter Kosack von der Technischen Universität Kaiserslautern, der sich seit Langem mit dieser Technik beschäftigt. Der Grund für das Wohlgefühl: Menschen sind aufgrund ihrer Körpertemperatur selbst Infrarot-Strahler. Wenn die Flächen in ihrer Umgebung etwa gleich warm sind wie die Oberfläche der Kleidung, geben Menschen in dem Raum kaum Wärmestrahlung ab. "Man fühlt sich dann sogar bei kalter Luft behaglich", sagt Kosack.

Mit Nachtspeicheröfen ist es hingegen oft schwer, die richtige Temperatur zu erreichen. Ihr Herzstück ist ein gut isolierter Speicherstein aus einem feuerfesten Mineral, den Heizelemente in der Nacht mit großen Mengen an Strom auf rund 700 Grad erwärmen. Tagsüber gibt der Nachtspeicher die Wärme an die Raumluft wieder ab. Die Speicher sind allerdings nicht nur extrem ineffizient. Sie lassen Bewohnern auch wenig Spielraum, die Temperatur kurzfristig nach ihren Vorstellungen zu verändern.

Will ein Hausbesitzer seine Nachtspeicheröfen durch einen Gas-, Öl- oder Holzkessel ersetzen, kostet ihn das jedoch viel Geld. Er muss nicht nur in den Brenner investieren, sondern auch ein ganzes Rohrsystem verlegen und Heizkörper anbringen. Einfacher ist der Wechsel zu einer Infrarot-Heizung, die sich ohne größeren Aufwand nachrüsten lässt. Da sie nur dann läuft, wenn sie wirklich benötigt wird, kommt sie laut Kosack im günstigsten Fall mit dreißig bis vierzig Prozent weniger Strom aus.

Im Berliner Stadtteil Spandau wird derzeit erprobt, ob sich der Umstieg auf die sparsamere Stromheizung tatsächlich lohnt. Die Immobiliengesellschaft Westgrund ersetzt in 25 ihrer Wohnungen alte Nachtspeicheröfen durch Infrarot-Heizfolien. Demnächst sollen weitere Wohnungen mit Folien ausgerüstet werden, erklärt ein Firmensprecher.

Ob die Infrarot-Technologie sich allgemein durchsetzen wird, ist aber sehr fraglich. "Das sind absolute Nischenprodukte", sagt Peter Kafke, Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. "Obwohl die Technik vergleichsweise einfach ist, sind die Produkte nicht gerade günstig." Noch viel stärker fielen jedoch die Betriebskosten ins Gewicht. "Mit Strom zu heizen ist sehr teuer. Wer sich für eine Infrarot-Heizung entscheidet, muss etwa 25 Cent pro Kilowattstunde Wärme bezahlen", erklärt der Verbraucherschützer. Mit einer Gasheizung seien es nur rund sieben Cent.

Auch dass man im Vergleich mit Nachtspeicheröfen Stromkosten spart, ist nicht sicher. "Voraussetzung dafür ist, dass Besitzer einen Stromtarif nutzen, der genau auf den Verbrauch der Infrarot-Heizung zugeschnitten ist", sagt Kosack. Solche Tarife sind aber längst nicht überall in Deutschland erhältlich. Zudem komme es immer wieder vor, dass Haushalte wegen der angenehmeren Wärme mehr Räume beheizen, als nötig ist, was die höhere Effizienz der neuen Anlage wieder zunichte mache.

Manche Hersteller werben auch damit, dass sich ihre Produkte gut mit einer Solaranlage auf dem Dach koppeln ließen. Ihre Argumentation: In sonnigen Mittagsstunden produzieren die Module meist mehr Strom, als die Haushalte für Kochen, Kühlen oder Waschen gerade benötigen. Diese Energie könne mit einer Infrarot-Heizung als Wärme in Wänden und Böden gespeichert werden. So sollen die Anlagen helfen, Photovoltaik-Anlagen mit ihren stark schwankenden Erträgen besser in das Energiesystem einzubinden.

Christian Stolte von der Deutschen Energie-Agentur (Dena) überzeugt dieses Konzept allerdings nicht. "Infrarot-Heizungen werden in der Regel dann angeschaltet, wenn es im Winter kalt ist und nur wenig überschüssiger regenerativer Strom zur Verfügung steht", sagt Stolte, der bei der Dena den Bereich Energieeffiziente Gebäude leitet. "Deswegen sind sie für die Integration erneuerbarer Energien weniger geeignet."

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