Vogelkunde:Schweden schaffen rassistische Vogelnamen ab

  • Die Schwedische Ornithologische Gesellschaft SOF hat zehn Vogelarten im Schwedischen umbenannt, weil sie Namen trugen, die bestimmte Bevölkerungsgruppen diskriminieren.
  • Deutsche Wissenschaftler warnen vor Schnellschüssen bei einer Umbenennung. Schließlich sei bei einigen Arten auch der wissenschaftliche Name betroffen.

Von Christoph Behrens

Schwedens Ornithologen tragen an einem schweren sprachlichen Erbe. Kafferseglaren (übersetzt "Kaffernsegler"), Zigenarfågeln (Zigeunervogel), Negerfink - viele Vogelarten tragen im Schwedischen Namen, die leicht als rassistisch aufgefasst werden können.

Die Schwedische Ornithologische Gesellschaft SOF hat nun einige dieser Arten einfach umbenannt. So tauften die Vogelbeobachter den Negerfink um in "Negrita", der Kaffernsegler segelt fortan als Weißbeckensegler ("vitgumpseglaren") neutral über den Himmel. Die alten Namen könnten schlicht als verletzend empfunden werden, begründen die Ornithologen die Neubenennung. "Kaffer" in Südafrika eine abwertende Bezeichnung für Schwarze, die Benutzung des Wortes steht dort sogar unter Strafe. Von den neu benannten Arten flattert allerdings nur eine einzige in Schweden herum, der Rest ist in anderen Erdteilen beheimatet.

Nicht allen gefällt das Vorgehen der schwedischen Ornithologen. "Viele haben uns als politisch korrekte Feiglinge bezeichnet, die schöne alte Namen wegwerfen wollen", sagt Erling Jirle, der Vorsitzende der Taxonomie-Kommission der SOF. "Aber ich glaube nicht, dass diese Namen schön sind. Sie sind einfach rassistisch."

Ist der "Kaffer" überall gleich diskriminierend?

Zudem geht es den Ornithologen gar nicht vorrangig um Sprachhygiene. Bislang gab es einfach keine vollständige Liste sämtlicher Vogelarten auf Schwedisch, sagt Jirle. Die Organisation ging daher in den letzten Jahren systematisch alle 10 709 bekannten Spezies durch, bei 4000 davon sei der Name "angepasst" worden. Bei den meisten aus trivialen Gründen, etwa weil viele exotische Arten keine eindeutige schwedische Bezeichnung hatten. Bei anderen Vögeln belegten Wissenschaftler mit neuen genetischen Methoden, dass sie einer anderen Familie angehören als gedacht - also musste sich auch der Name ändern.

Bei den sprachlichen Erwägungen nahmen sich die Schweden die Norweger zum Vorbild. Die hatten den Kaffernsegler schon vor zwei Jahren vom rassistischen Ballast befreit und damit die Debatte unter Vogelkundlern angestoßen; auch die Dänen arbeiten mittlerweile an einer politisch korrekten Namensgebung.

Manche warnen jetzt allerdings vor Schnellschüssen. "Das Problem ist uns natürlich bewusst", sagt Ommo Hüppop, Generalsekretär der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft DOG. Auch auf Deutsch ist etwa der Kaffernsegler ein Kaffernsegler. Daher diskutierten die deutschen Vogelkundler gegenwärtig ebenfalls "die Frage nach möglicherweise rassistischen, sexistischen oder anderweitig negativ empfundenen deutschen Namen", erläutert Hüppop. Das sei jedoch komplexer als es zunächst aussehe. So sei der Begriff "Kaffer" zwar in Südafrika verboten, gelte in Sri Lanka dagegen nicht als diskriminierend. Zudem geht es in diesem Fall auch um den wissenschaftlichen Namen, "Apus Caffer". Sollte man den dann ebenfalls anpassen, obwohl es ihn seit 200 Jahren gibt?

Die Schweden sehen das nicht so eng. Viele der neuen Bezeichnungen empfindet Erling Jirle einfach als treffender für die Tiere. Der im südamerikanischen Dschungel lebende Zigeunervogel heißt künftig "Hoaczi" - das aztekische Wort für "lachender Falke".

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