Umweltschutz im Kongo:Gefährdete Tiere im Topf

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Seit Jahrtausenden sichern Wildtiere das Überleben der Menschen in Zentralafrika. Am Nahrungsmangel scheitert auch radikaler Tierschutz.

Arne Perras

Die Speisekarte im Kongo hält für Fremde immer wieder Überraschungen parat. Einmal pries der Händler in einem Urwalddorf seine Ware als "Fisch des Waldes". "Äußerst schmackhaft", lockte er den Kunden.

Das Lola-Ya-Bonobo-Tierheim bei Kinshasa. Die Bestände von Wildarten sind im Kongo gefährlich geschrumpft. (Foto: Foto: AP)

Weitere Nachforschungen ergaben, dass es sich bei dem Waldfisch aber keineswegs um kongolesische Barsche oder Welse handelte, die sich in Flüssen und Bächen tummeln. Vielmehr war dies ein ganz anderes Wesen, das man sich - zumindest wenn es lebt - besser vom Halse hält: ein Python.

Das ist nichts Ungewöhnliches in diesen Wäldern. Seit Jahrtausenden sichern Wildtiere aller Art das Überleben der Menschen im feuchtheißen Becken Zentralafrikas. Vom Python über den Leguan bis hin zu den größeren Säugetieren wird fast alles gejagt, was essbar ist. So decken die Leute ihren Eiweißbedarf. Ohne Wild wären sie verloren.

Doch die Jagd bringt auch massive Probleme mit sich. Die Bestände mancher Wildarten sind in den vergangenen Jahrzehnten gefährlich geschrumpft. Und wie ein soeben veröffentlichter Forschungsbericht zeigt, könnten manche Arten schon in 50 Jahren ausgestorben sein, wenn sich die Jagdpraxis und die Erschließung der Wälder Zentralafrikas nicht ändern. Dies gelte zum Beispiel für Gorillas und andere Primaten sowie für größere Antilopen, erklärt Robert Nasi, Hauptautor des Berichts.

Ob die betroffenen Staaten einen Ausweg aus dieser Krise finden, ist ungewiss. Manche Artenschutzorganisationen haben radikale Forderungen aufgestellt. Sie wollen den Handel mit dem sogenannten Bushmeat ganz unterbinden, damit sich die Bestände erholen können.

Die Verfasser des jüngsten Forschungsberichts - das Center for International Forest Research (CIFOR) und das Secretariat of the Convention on Biological Diversity (CBD) - lehnen einen solchen Kurs aber ab, weil er den Bedürfnissen der Menschen in den afrikanischen Wäldern nicht gerecht werde und deshalb kaum eine Chance auf Erfolg hätte.

Nötig sei vielmehr eine Strategie, die von den örtlichen Behörden und der Bevölkerung mitgetragen und umgesetzt werden kann. Nur so könnten sich nachhaltige Formen der Jagd entwickeln.

Kein ausreichender Ersatz für Wildfleisch

Auch das Überleben der Menschen ist nur dann zu sichern, wenn sich die Wildbestände wieder stabilisieren. Für das Eiweiß durch Wildfleisch gibt es häufig keinen ausreichenden Ersatz. Damit sind die Ziele des globalen Artenschutzes und die Bedürfnisse der Menschen im Grunde eng miteinander verknüpft - auch wenn die Praxis derzeit ganz anders aussieht.

Über die Schutzbedürftigkeit größerer Säugetiere - vor allem von Waldelefanten und Primaten - gibt es heute keinen Zweifel mehr. Doch oftmals wird übersehen, dass es durchaus andere Wildarten in diesen Wäldern gibt, die man auch jagen könnte, kleinere Buschantilopen wie den Ducker oder Nagetiere.

Es sind heute viele Faktoren, die eine Zerstörung der Wildbestände vorantreiben. Wo der Wald für die Holzindustrie, den Bergbau oder Ölfirmen vernichtet wird, verschwindet auch oft das Wild. Bewaffnete Konflikte verhindern, dass Gesetze eingehalten werden.

In manchen Regionen wächst die Bevölkerung schnell und lässt den Fleischbedarf steigen. In Zentral- und Westafrika werden schon heute Wildtierprodukte in einem Wert von bis zu 200 Millionen Dollar im Jahr gehandelt. Die Bushmeat-Erträge im Herzen Afrikas liegen bei etwa einer Million Tonnen im Jahr - dies entspricht etwa der Fleischmenge, die sich aus vier Millionen Rindern gewinnen lässt.

Die Politik hat sich bislang kaum mit diesen Problemen beschäftigt. Für Frances Seymour, Direktorin des CIFOR, erscheint es wichtig, das Thema "aus der Ecke des Tierschutzes" zu holen und viel breiter zu diskutieren. Denn es geht letztlich darum, das Überleben von Menschen und Tieren zu sichern. Beides lässt sich in diesen Gebieten kaum voneinander trennen.

© SZ vom 16.09.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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