Smartphones:Bei den Emojis blickt niemand mehr durch

Freudentränen-Emoji

Lachen oder Weinen, Häme oder Trauer? Menschen interpretieren die Bedeutung von Emojis häufig unterschiedlich.

(Foto: dpa)

Kleiner-Zeichen plus 3 gleich Herz. Oder so ähnlich. Emojis machen Chats bei WhatsApp und Facebook ziemlich kompliziert ;-)

Von Patrick Illinger

Wer trotz der allgemein fortschreitenden Smartphonisierung noch nicht weiß, was ein Emoji ist, der sollte bei Gelegenheit jüngeren, vorzugsweise pubertierenden Zeitgenossen über die Schulter blicken. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass gerade Nachrichten ausgetauscht werden, die üppig mit kleinen Piktogrammen angereichert sind. Das sieht ungefähr so aus: Dem Text "Bin gleich da" folgen vier Herzchen, drei Gesichter mit Freudentränen und ein paar Damenschuhe. Die Antwort besteht aus einem gelben Mondgesicht mit Sonnenbrille, einem gegrillten Hühnerknochen und einer Flamenco-Tänzerin. In Worten: Cool, wir essen einen Happen und gehen dann tanzen.

Nun könnte man denken, Emoji-Nutzer hätten eben ihre eigene, fortschrittliche Sprache entwickelt, die textbasierte Menschen überfordert. Doch die Wahrheit ist leider banaler: Sofern man einer Sprache abverlangt, dass ihre Nutzer unter gleichen Begriffen das Gleiche verstehen, sind Emojis ein Reinfall. Die laut internationalem Unicode-Standard offiziell 1282 Motive der Emoji-Welt bilden einen Ozean der Missverständnisse. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der amerikanischen University of Minnesota.

"Ready to fight"

Erstmals wurde ausführlich untersucht, ob Digitalmenschen die gängigsten Emojis überhaupt auf gleiche Weise interpretieren. Die Antwort lautet in vielen Fällen Nein. Sogar Nutzer gleicher Endgeräte, die also grafisch identische Motive betrachten, können sich in 25 Prozent der Fälle nicht einmal darauf einigen, ob das Gezeigte positiv, negativ oder neutral wirkt. In weniger als jedem zwanzigsten Emoji erkannten alle Probanden die gleiche emotionale Aussage.

Das Motiv 1F606, ein breites Grinsen mit zusammengekniffenen Augen hielten 44 Prozent der Probanden in der Microsoft-Version für negativ. Die anderen erkannten das Gegenteil. Noch schlimmer wird es, wenn zum Beispiel ein Samsung-Handy das Motiv 1F601 "grinsendes Gesicht mit lächelnden Augen" an ein Apple-Gerät verschickt. Das vom Absender als "rundum glücklich" gemeinte Symbol wirkt auf iPhone-Nutzer aggressiv: "Ready to fight", zum Kampf bereit, interpretieren sie.

"Person, die feierlich beide Hände reckt"

Emojis unterscheiden sich je nach Betriebssystem zum Teil grotesk. Technisch ist das eine Analogie zur Typografie, wo verschiedene Geräte so wie auch Zeitungen unterschiedliche Schriftarten bevorzugen. Doch während Leser ein A (Unicode 0041) auch ohne Serifen zuverlässig als A erkennen, kann ein müdes Grinsen mit zur Seite verdrehten Augen grobe Missverständnisse auslösen. Das entsprechende Motiv 1F60F "unerfreutes Gesicht" in der Version von Apple lieferte besonders viele Deutungen. Von "enttäuscht", "deprimierend" bis "misstrauisch" reichten die Umschreibungen.

Auf allen Betriebssystemen bizarr wirkt das Unicode-Symbol 1F64C ("Person, die feierlich beide Hände reckt"). Was auf Google-Geräten wie eine religiöse Geste aussieht, erweckt bei Microsoft den Eindruck, jemand werde von einer Waffe bedroht. Da hilft es wenig, dass das Oxford Dictionary ein Emoji zum Wort des Jahres 2015 erklärt hat: "Gesicht mit Freudentränen".

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