Psychologie:Immun gegen Unsinn

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Demonstranten machen deutlich, dass der Klimawandel real ist. Können sie damit Skeptiker umstimmen? (Foto: Getty Images)

Wie kann die Verbreitung von Fake News gestoppt werden? Psychologen präsentieren eine Art Impfung gegen Fehlinformationen.

Von Sebastian Herrmann

Fehlinformationen breiten sich aus wie Krankheitserreger. Wie Viren befallen sie Menschen und vergiften den politischen Diskurs. Der Fake-News-Erreger zieht wie eine Seuche durch die sozialen Netzwerke und löst eine Pandemie des Misstrauens aus. Auf der Suche nach Therapien verweisen Psychologen um Sander van der Linden von der Universität Cambridge nun explizit auf Strategeien im Kampf gegen Infektionskrankheiten.

Wäre es nicht großartig, so fragen die Forscher im Fachmagazin Global Challenges, wenn sich das Denken der Menschen mit einer Art Impfung vor dem Einfluss von Fehlinformationen schützen ließe? Getestet haben die Psychologen dieses Konzept, indem sie Teilnehmer ihrer Versuche mit kleinen Informationshäppchen quasi gegen folgende Fehlinformationen immunisierten. Wenn dem Publikum zunächst kurze und möglichst konkrete Aussagen zur Verfügung gestellt wurden, welche die Glaubwürdigkeit einer Quelle einordnen, mindert dies die Überzeugungskraft falscher Aussagen.

Das Prinzip einer Impfung besteht darin, Abwehrkräfte zu wecken, indem ein Organismus kleinen Mengen eines Erregers ausgesetzt wird - natürlich ohne dass die Gefahr besteht, dass die Krankheit ausbrechen kann. "Unsere Idee war es, eine kognitive Immunantwort hervorzurufen, so dass eine Abwehr gegen Fehlinformationen stattfindet", sagt van der Linden.

Es reicht nicht, Unzutreffendes nur als falsch zu kennzeichnen

Die Forscher überprüften das Konzept anhand von Aussagen zum Klimawandel, dessen Existenz vor allem in den USA von vielen Menschen geleugnet wird. Setzten die Psychologen die Probanden der korrekten Information aus, wonach 97 Prozent der Wissenschaftler den Klimawandel für real halten, brachte das selbst Skeptiker ins Grübeln. Lasen diese aber anschließend die falschen Aussagen einer Lobbygruppe, wonach 31 000 Wissenschaftler eine Petition unterschrieben hätten, dass der Klimawandel eine Lüge sei, verpuffte der Effekt der wahren Aussage wieder. Fütterten van der Linden und ihre Kollegen die Testteilnehmer nun zu allererst mit knappen Aussagen über die Lobbygruppe, von der diese Lüge stammt, änderte sich das Bild. Nun kamen auch Leugner ins Zweifeln und lehnten Lügen mit höherer Wahrscheinlichkeit ab, wenn ihnen diese unterkamen.

Ob dieses Vorgehen nun tatsächlich treffend als "Impfung"beschrieben werden kann? Nun, das klingt schon sehr weit hergeholt. Doch zeigt die Studie abermals: Es reicht einfach nicht, Missinformationen nur als falsch zu kennzeichnen, damit wahre Fakten wieder überzeugen. Statt dessen könnten vielleicht konkret formulierte Warnungen helfen, den Seuchenzug des Fake-News-Virus zu stören.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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