Pandemie:"Die Lage ist sehr, sehr ernst"

Schweinegrippe in Bayern und Hamburg: Die Seuche hat Deutschland erreicht. In Bayern warnt Gesundheitsminister Söder nun vor Panik - und vor Mexiko-Reisen. Den beiden bayerischen Patienten geht es bereits besser.

Beate Wild

Höchste Wachsamkeit in Bayern: Nach den ersten bestätigten Fällen von Schweinegrippe-Infektionen im Freistaat versuchen die bayerischen Behörden ein Ausbreiten der Erkrankung zu verhindern. "Die Lage ist sehr, sehr ernst", sagte Gesundheitsminister Markus Söder (CSU). Ziel ist es nach Ministeriumsangaben, die Einschleppung des Virus zu minimieren. Gleichzeitig versuchte Söder, die Bevölkerung zu beruhigen: "Es gibt keinen Grund zur Panik, aber zur Wachsamkeit."

Schweinegrippe in Bayern

Ein Arzt befestigt im Universitätsklinikum in Regensburg ein Hinweisschild für spezielle Isolation an einem Krankenzimmer. Nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums hat sich der Verdacht bei einem Patienten aus der Nähe von Regensburg bestätigt.

(Foto: Foto: dpa)

Am Mittwochmittag gab es bereits vier weitere Verdachtsfälle im Freistaat. Der eingerichtete Krisenstab arbeite rund um die Uhr, betonte Söder.

Den beiden in Bayern an dem neuen Grippevirustyp A/H1N1 erkrankten Patienten gehe es bereits deutlich besser, informierte der Minister. Die betroffene Frau aus dem Raum Kulmbach sei bereits auf dem Weg der Genesung, die Symptome würden abklingen. Sie sei nur ambulant behandelt worden. Der zweite Kranke, eine Mann aus der Nähe von Regensburg, werde weiterhin stationär und isoliert im Krankenhaus behandelt. Bei ihm sei "eine Besserung zu verzeichnen".

Der Mann ist laut Gesundheitsministerium "zwischen 35 und 40 Jahre alt". Er wird derzeit im Universitätsklinikum Regensburg behandelt. Sowohl die betroffene Frau als auch der Mann waren bereits vor einer Woche von einer Mexiko-Rundreise zurückgekehrt.

Das in Mexiko aufgetretene Virus A/H1N1 wurde in Deutschland zuerst bei einer 22-Jährigen in Hamburg nachgewiesen. Sie war nach einer Mexiko-Reise mit Influenza-ähnlichen Symptomen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Die erste Labordiagnose wurde nach Angaben der Hamburger Gesundheitsbehörde im Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg erstellt."Wir checken jetzt das Umfeld der Patientin ab", sagte ein Sprecher der Behörde.

Die Patientin war nach ihrer Ankunft im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) sofort isoliert und eingehend untersucht worden. Die Frau sei sofort mit den entsprechenden Medikamenten behandelt worden, hieß es. Es gehe ihr den Umständen entsprechend gut. "Antivirale Medikamente gegen Influenzaviren scheinen bei dem Schweinevirus wirksam zu sein", teilte das Robert-Koch-Institut mit.

Zu den vier weiteren Verdachtsfällen in Bayern wollte Gesundheitsminister Söder keine genauen Angaben machen: "Wir wollen die Patienten schützen." Man habe die Betroffenen isoliert. Derzeit werden sie medizinisch überwacht.

Auch in anderen Bundesländern gibt es mehrere Verdachtsfälle, berichtet das Robert-Koch-Institut. Einer der drei Betroffenen aus Nordrhein-Westfalen lebt nach Behördenangaben im Sauerland. Er sei schon vor Wochen aus Mexiko zurückgekehrt, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Düsseldorf.

Im Kreis Recklinghausen stand ein Paar unter Quarantäne - es war am Montag aus Cancún in Mexiko heimgekehrt. Ein Schnelltest sei allerdings bereits negativ ausgefallen, sagte die Leiterin des Gesundheitsamtes, Ulrike Horazek. Das Paar ist inzwischen aus der Isolation des Krankenhauses entlassen worden.

Der Verdachtsfall in Niedersachsen bestätigte sich unterdessen nicht: Das Klinikum Braunschweig gab bei einem Patienten Entwarnung. Der Mann war gemeinsam mit seiner Partnerin Ende vergangener Woche aus New York zurückgekehrt.

Keine Medikamenten-Knappheit

Der Freistaat ist laut Söder gut gegen eine Pandemie gerüstet. Für diesen Fall gebe es genügend Medikamente. Von einer Knappheit an dem Medikament Tamiflu, mit dem die Schweinegrippe behandelt wird, könne keine Rede sein.

Bereits im Herbst 2005 wurden wegen der Vogelgrippe-Gefahr in großem Stil die Grippemittel Tamiflu und Relenza eingelagert. Bei einer etwaigen Schweinegrippe-Pandemie könnten gut 20 Prozent der Bevölkerung versorgt werden, sagte eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums der Süddeutschen Zeitung.

Symptome der Grippe sind Abgeschlagenheit, Husten, Atembeschwerden und Fieber. Söder forderte die Bevölkerung dazu auf, in diesen Fällen sofort einen Arzt aufzusuchen. Dies gelte insbesondere für Menschen, die Kontakt zu Mexiko-Reisenden hatten. Außerdem warnte der Gesundheitsminister vor Reisen nach Mexiko: "Wer nicht unbedingt nach Mexiko muss, soll es bleibenlassen", sagte er.

Bekannt sei laut Söder, dass die Krankheit schon vor dem Ausbruch der Symptome ansteckend ist. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis fünf Tage.

Keinen Verdachtsfall im Flugzeug nach München

Einreisekontrollen gibt es bislang nur bei Direktflügen aus Mexiko. Wenn Passagiere über Anschlussflüge einreisen, etwa über Spanien, wird bislang nicht kontrolliert.

Nach Informationen von sueddeutsche.de gab es in der Maschine aus Cancún, der heute in München gelandet ist, keine Erkrankten. Der Pilot hatte bereits aus der Luft gemeldet, dass es bislang keinen Verdachtsfall gebe. Der Arzt Hans Hammel, der die Passagiere nach der Landung untersuchte, bestätigte dies: Nur eine Frau habe Durchfall gehabt, doch auch bei ihr gehe er davon aus, dass sie nicht von der Schweingrippe infiziert sei.

Alle Passagiere sollten Ausstiegskarten mit ihrer Erreichbarkeit ausfüllen, damit sie informiert werden könnten, falls sich nach dem Flug Verdachtsfälle oder Erkrankungen ergeben sollten.

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